Belinda Bencic (27) hat Grosses vor. Sie ist überzeugt davon, nach ihrer Baby-Pause wieder an ihr altes Level heranzukommen. Oder gar noch darüber hinaus. Doch dieser Blitz-Start auf der grossen Tennis-Bühne – mit dem Achtelfinal-Einzug an den Australian Open (Partie gegen Coco Gauff in der Nacht auf Sonntag, nicht vor 3 Uhr) – kam selbst für sie unerwartet. Nur achteinhalb Monate nach der Geburt ihrer Tochter Bella egalisiert sie bereits ihr bestes Melbourne-Ergebnis.
Und die Tennis-Welt staunt. «Hochachtung vor dieser Leistung. Das ist nicht hoch genug zu bewerten», finden die frühere deutsche Bundestrainerin Barbara Rittner und ihr Kommentatoren-Partner Jürgen Höthker auf Eurosport.
Bencics Tempo bei ihrer Rückkehr sei «nicht normal», findet auch Blick-Tennisexperte Heinz Günthardt (65), der die Ostschweizerin in der Anfangsphase ihres Comebacks als Billie-Jean-King-Cup-Captain begleitete. Er erinnert sich noch gut an den Zusammenzug des Schweizer Teams im November: «Da hatte sie noch Mühe mit den Bewegungen, doch sie schlug die Bälle schon sehr sauber. Und sie legte einen unglaublichen Eifer an den Tag.» Seither habe sie auch im physischen Bereich grosse Fortschritte erzielt, was sich nun auf dem Platz bereits in ersten Resultaten niederschlage – und was letztlich auch Hoffnung für mehr mache.
Turbo wie Switolina oder Clijsters?
An Beispielen von Frauen auf der Tour, die nach einer Schwangerschaft erfolgreich zurückkehrten, mangelt es nicht. Die Ukrainerin Elina Switolina (30), wie Bencic eine ehemalige Top-5-Spielerin, gewann nur sieben Monate nach der Geburt ihrer Tochter Skai das WTA-250-Turnier in Strassburg und zog wenig später in Wimbledon sensationell in den Halbfinal ein. Sie war eine von vielen Top-Akteurinnen in jüngster Vergangenheit, die es Serena Williams (43) nachmachten und sich nach einer Baby-Unterbrechung im Tennis-Zirkus zurückmeldeten. Williams machte als prominentestes Aushängeschild vor, dass die Karriereplanung auch mit Kind funktioniert. Die 23-fache Grand-Slam-Gewinnerin stand nach ihrer (auch noch mit Komplikationen verlaufenen) Schwangerschaft viermal in einem Major-Endspiel, konnte dabei allerdings nie triumphieren.
Hierbei wird Bencic, deren lang ersehnter Grand-Slam-Traum immer noch lebt, eine gewisse Kim Clijsters (41) besonders Mut machen. Die Belgierin stürmte nach ihrer Mutterschafts-Auszeit gleich bei ihrem ersten Grand-Slam-Auftritt zum US-Open-Titel. Daraufhin wiederholte sie dieses Kunststück ein Jahr später, gewann auch noch die Australian Open 2011 und führte zwischenzeitlich erneut die Weltrangliste an. Clijsters ist unter den Super-Müttern, die auf höchster Ebene triumphierten (wie Margaret Court, 82, und Evonne Goolagong Cawley, 73), bis heute das Vorzeigemodell. Eines, an dem sich Bencic bei der Verfolgung ihres Traums orientieren wird.