Die Fans am Court Philippe-Chatrier und vor dem Fernseher rätseln alle, als Novak Djokovic während seiner Zweitrundenpartie gegen Marton Fucsovics (31) das Shirt wechselt. Auf seinem nackten Oberkörper ist auf Brusthöhe eine kleine Metallscheibe angeklebt, die er im Verlauf des letztlich souverän gewonnenen Duells (7:6, 6:0, 6:3) gar noch auswechselt.
Nach der Aufregung um seine Kamera-Botschaft zum Kosovo-Konflikt zieht der 36-jährige Serbe erneut alle Blicke auf sich. Es handelt sich dabei um eine Methode, die dem in der Vergangenheit schon oft als Esoteriker in Erscheinung getretenen Djokovic zusätzliche Power verleihen soll. Danach gefragt, verweist er auf einen Comic-Superhelden, der als Meisteringenieur ausgetüftelte Anzüge baut. Er meint im Scherz: «Als ich ein Kind war, mochte ich Iron Man sehr – deshalb versuche ich nun, ihn zu imitieren.»
Djokovic lobt sein Team im Hintergrund, das in Sachen Nanotechnologie «unglaublich effizient» unterwegs sei und ihm so helfe, auf dem Court das Beste aus sich herauszuholen.
Er bezeichnet dies als «das grösste Geheimnis» seiner Karriere, ohne das er «heute wohl nicht hier sitzen» würde.
Strikte Ernährung und lange Umarmungen
Djokovic ist bekannt dafür, dass er für den Erfolg nichts unversucht lässt. Er setzt auf Yoga und Meditation, genauso wie eine strikte Ernährung – meist vegan und ganz sicher immer glutenfrei. Es kursierte gar die Geschichte, dass er seinem Pudel Pierre einen glutenfreien Speiseplan verschrieben haben soll.
Auch die Nähe zu Pepe Imaz (49) gehört zur Geschichte von Djokovic. Der spanische Guru hatte einst seinen Bruder Marko bei dessen Depressionen geholfen, was Novak tief beeindruckte. Später wurde er Teil von seiner Entourage und sollte ihn auf der Tour mit seinen Methoden unterstützen. An der Tennisakademie in Marbella nutzte Imaz die «Kraft der Meditation und von langen Umarmungen». Djokovic selbst sprach von göttlichen Verbindungen.
Während der Corona-Pandemie musste der 22-fache Grand-Slam-Sieger mit den Konsequenzen leben, dass er sich nicht impfen lassen wollte – was Auswirkungen bis im Frühling 2023 hatte, weil er nach wie vor nicht in die USA einreisen durfte.
Unter Beschuss wegen kruder Theorie
Viel Kritik eingehandelt hat er sich zu Beginn der Pandemie mit obskuren Ansichten im Zusammenhang mit der Energetik, die bei ihm nun auch dieser Tage in Roland Garros wieder Thema ist. Vor drei Jahren irritierte er mit einem Live-Gespräch auf Instagram, als er sich mit Esoteriker Chervin Jafarieh unterhielt.
Djokovic erklärte darin: «Ich kenne einige Menschen, die es durch energetische Umwandlung, durch die Kraft des Gebetes, durch die Kraft der Dankbarkeit schaffen, die giftigste Nahrung oder das am stärksten verschmutzte Wasser in das heilsamste Wasser zu verwandeln.» Hunderttausende User verfolgten die Rede der damaligen Weltnummer eins. Wissenschaftler hätten bewiesen, dass die Moleküle im Wasser «auf unsere Emotionen reagieren» würden, meinte Djokovic.
Ex-Spielerin Mary Carillo (66) reagierte daraufhin entsetzt: «Ich bin wirklich schockiert, dass Djokovic und dieser andere Typ behaupten, man könne giftiges Wasser in Trinkwasser umwandeln. Solche Behauptungen sind gefährlich.»
Das Rätsel um das Getränk
In Paris-Bercy war es letzten Herbst ein mysteriöses Getränk, das für Djokovic auf der Tribüne gemischt wurde und dann via Ballkind zu ihm auf den Platz gelangte. Als seine Betreuer merkten, dass sie gefilmt werden, verdeckten sie ihre Machenschaften nicht gerade unauffällig, was die ganze Geschichte zusätzlich anheizte.
Diesmal ist es also eine kleine Metallscheibe, die Djokovic in der Erfolgsspur halten soll. In Roland Garros ist der selbsternannte «Iron Man» auf Rekordjagd – gewinnt er das Turnier, würde er mit 23 Grand-Slam-Titeln die alleinige Bestmarke vor Nadal (22) aufstellen.