Wer hätte im Vorfeld der diesjährigen French-Open-Siegerin auf Barbora Krejcikova gesetzt? Die Antwort ist klar: Ausser vielleicht dem ein oder anderen tschechischen Insider wohl niemand. Dabei hat die 25-jährige Tschechin schon fünf Grand-Slam-Titel an der Zahl – zwei im Doppel, drei im Mixed. Dass Krejcikova, Nummer 33 der Welt, vor Paris in Strassburg ihren ersten WTA-Titel gewann, sich in Paris im Einzel durchsetzt, kommt mehr als überraschend.
Im Match der Doppelspezialistin gegen Anastasia Pawljutschenkowa, als Nummer 32 die letzte Gesetzte im Turnier, zementiert Krejcikova aber ihren Lauf als Einzel-Könnerin. Nach einem verpatzten Auftakt-Servicegame dreht sie auf, gewinnt den ersten Satz in einer halben Stunde mit 6:1.
Danach geschieht das, was im Frauen-Tennis nicht selten ist: Bei der Führenden reisst der Faden, die russische Gegnerin gewinnt plötzlich die Oberhand. 6:2 gewinnt die 29-jährige Pawljutschenkowa, die schon von Martina Hingis gecoacht wurde und derzeit einen Alleingang ohne Trainer macht, den zweiten Durchgang.
Rührende Worte bei Siegerehrung
Wie stark die Russin danach durch eine Oberschenkelverletzung beeinträchtigt wird, kann nur sie sagen. Sicher ist: Krejcikova behält cool die Nerven im Zaum und zieht Satz 3 zu ihren Gunsten durch. Zwei Matchbälle bei 5:3-Führung lässt sie sausen, beim dritten bei 5:4 macht sie einen Doppelfehler. Doch den Vierten, den packt sie. Ihre Hände gehen zögerlich nach oben. So ruhig und abgeklärt, wie sie im ganzen Turnier wirkt, jubelt sie auch bei ihrer Premiere als Grand-Slam-Championne.
Emotional wird sie erst bei der Siegerehrung. Nach dem Dank ans Publikum, an ihre Familie, ihr Team und an ihre grosse Inspiration Martina Navratilova, die ihr auch den Pokal überreicht, widmet sie ihre Worte und den Sieg der 2017 an Krebs verstorbenen Jana Novotna. «Arbeite hart und gewinn einen Grand Slam», habe ihr die tschechische Grand-Slam-Siegerin als Letztes vor ihrem Tod gesagt. «Ich bin sicher, dass sie mir von da oben zugeschaut und geholfen hat», sagt Krejcikova mit Tränen in den Augen.
Feiern wird sie noch nicht heute, denn schon steht sie mit Landsfrau Katerina Siniakova auch im Doppel-Final. Und will ihren siebten Major-Titel gegen das Duo Bethanie Mattek-Sands (USA) und Iga Swiatek (Pol) holen. Iga Swiatek? Ja richtig, die letzte Einzel-Siegerin in Paris. Überraschungsfrauen scheinen an den French Open Gesetz.