Simona Waltert (22) ist nach ihrem Höhenflug in Paris wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Die Qualifikantin aus dem Bündnerland wird in der zweiten Runde der French Open gestoppt. Gegen die gleichaltrige, aber deutlich besser klassierte Elisabetta Cocciaretto (WTA 44) verliert die Weltnummer 128 klar 2:6, 3:6. Dennoch darf sie Roland Garros erhobenen Hauptes verlassen. Sie hat erstmals den Sprung in das Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers geschafft und stiess dabei prompt in die zweite Runde vor. Als einzige Schweizerin in diesem Jahr.
«Ich kann stolz auf mich sein», sagt sie nach ihrem Out, trotz Ärger über «viele verpasste Chancen» und «zahlreicher Fehler». Waltert hat in Paris aufgezeigt, wie viel in ihr steckt – wenn auch Cocciaretto am Ende noch eine Nummer zu gross war und die Churerin konstatieren muss, dass ihre Gegnerin «auf alles eine Antwort parat» hatte.
«Es gibt bei ihr kein Limit»
Ihr Coach Stéphane Bohli (39) führt dies auf die noch mangelnde Erfahrung auf diesem Niveau zurück. Er sagt: «Sie hat bewiesen, dass sie hierhin gehört. Doch aus meiner Sicht fehlt noch ein Mix aus spielerischen Freiheiten, Selbstvertrauen, Konstanz und Konzentration.» All das werde mit der Zeit immer selbstverständlicher werden, wenn sich Waltert, die sich zuletzt lange auf der Schwelle zwischen ITF- und WTA-Turnieren bewegte, ganz oben etabliert habe.
Bohli arbeitet mit einem kleinen Unterbruch seit viereinhalb Jahren mit dem Schweizer Talent zusammen. Die Trainingsbasis ist an der französischen Mittelmeerküste in Cannes. Er sagt mit grosser Überzeugung: «Das Potenzial von Simona ist gigantisch. Es gibt bei ihr kein Limit.»
Drei, vier Kilo mehr als Ziel
Doch weitere Fortschritte knüpft der Waadtländer, der einst die Nummer 113 im ATP-Ranking war, an die «enorme Arbeit», die noch auf Waltert warte. Die spielerische Weiterentwicklung sei das eine. Das andere die körperliche Komponente. Während der Corona-Pandemie hat die 1,74 Meter grosse Athletin bereits viel in die Physis investiert. Dennoch geht noch mehr, findet Bohli: «Sie muss noch robuster werden. Drei, vier Kilo mehr würden ihr sicher noch guttun.» Diese Meinung teilt auch Waltert selbst, weshalb der Fokus künftig «noch mehr» auf der Ernährung liegen soll.
Waltert sagt, sie schätze die Ehrlichkeit von Bohli, sein Gespür und seine direkte Art: «Er weiss, was er tut. Ich vertraue ihm.» Angesprochen auf den knackigen Satz ihres Coaches, sie verfüge über «gigantisches Potenzial» meint sie lachend: «Das ist lieb.»
Doch Waltert weiss auch, dass ihr auf der ganz grossen Bühne, auf der sie nun getanzt hat, nichts geschenkt wird. In Wimbledon wird sie wieder den mühseligen Weg über die Quali nehmen müssen. Im WTA-Ranking verbessert sie sich jetzt zwar in Richtung Top 100, doch der Hauptfeld-Cut für das dritte Grand-Slam-Turnier des Jahres ist schon erfolgt.
Parat für London ist sie trotzdem bereits. Nicht nur, weil sie es gerade sportlich bewiesen hat. Auf ihrer Handy-Hülle ist das Sujet: Wimbledon.