Was war Ihr Gefühl, unter den Ovationen der Fans den Platz zu verlassen?
Roger Federer: Es war hart nach den paar letzten Games, als ich spürte, dass ich nicht mehr aus der Klemme komme. An solche Situationen bin ich nicht so gewöhnt. Das Publikum war unglaublich, das ist der Grund, warum ich noch spiele. Leider wurden sie Zeugen meiner klaren Niederlage. Aber ich bin extrem dankbar für die ganze Unterstützung über all die Jahre. Aber es ist natürlich ein hartes Ende.
War das Ihr letztes Mal in Wimbledon?
Ich weiss es nicht, wirklich nicht. Ich versuche, das jetzt einzuordnen. Mein Ziel, das ich seit einem Jahr oder mehr hatte, nämlich hier zu spielen, habe ich erreicht. Aber über alles, was danach kommt, werde ich erst mit meinem Team reden müssen. Ich brauche jetzt erst mal etwas Zeit, um alles in aller Ruhe zu analysieren. Wohin geht die Reise? Soll sie weitergehen? Nach den harten 18 Monaten bin ich nur schon froh, dass ich es bis in die Viertelfinals geschafft habe. Die Gefahr war immer da, in jeder Runde. Ob der Körper mitmacht, oder ich das Level finde… Das konnte ich mir so weit beweisen. Aber jetzt am Schluss habe ich wieder gemerkt, dass etwas Entscheidendes fehlt. Und jetzt sehen wir weiter, was ich machen muss, um in besserer Form zu sein und besser mithalten zu können mit den Besten. Natürlich würde ich hier gerne noch einmal spielen. Aber in meinem Alter bist du nie sicher, was um die Ecke kommt.
Fehlt Ihnen noch immer die Matchpraxis?
Ich weiss nicht, ob es das ist. Mein Körper fühlt sich allgemein gut an und es ist gut, dass ich auch ein paar Niederlagen auf dem Weg hierhin erleiden musste. Aber wenn ich auf dem höchsten Level mithalten will, muss ich definitiv ein besserer Spieler werden. Das hat mir auch Hurkacz gezeigt. Aber körperlich wird das ziemlich schwer.
Bestätigen Sie, dass Sie jetzt nicht zurücktreten?
Es geht nur darum, noch eine Perspektive zu haben. Man braucht Ziele. Und im Moment ist mein Ziel, noch zu spielen. Aber man kann nicht den ganzen Berg in einer Etappe besteigen. Wimbledon war die erste Super-Etappe, das ist nun vorbei. Und jetzt stellen sich die Fragen: Was lief gut, was lief schlecht, macht mein Knie noch mit, was mein Körper, wie steht es ums Mentale? Denn wie Sie sahen, hatte ich Mühe mit aussergewöhnlichen Anstrengungen wie gegen Hurkacz oder in Halle. Ich wusste, dass es sehr hart werden würde. Aber jetzt brauche ich Zeit und lasse mich nicht stressen von den Medien oder jemand anderem. Aber ich werde zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Entscheidungen treffen.
Haben Sie schon eine für Olympia getroffen?
Ich werde wie gesagt auch über die Spiele erst in ein paar Tagen entscheiden. Natürlich muss es bald sein, denn es geht ja nicht mehr lang bis Tokio. Aber ich habe immer gesagt, dass ich erst nach Wimbledon darüber nachdenke, welche Entscheidungen ich treffe. Mehr kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, darüber muss ich erst mit meiner Familie und meinem Team sprechen. Und daran ändert auch der letzte Satz nichts.
Ist es besonders bitter, so zu verlieren?
Das spielt schon eine Rolle, ja. Wenn du dominiert wirst, etwas limitierter als früher bist und schlicht nicht mehr weisst, was du machen sollst, ist es nicht sehr lustig. Aber ich habe so viele unglaubliche Momente hier erlebt, das geht schon in Ordnung und ist Teil des Spiels.
Haben Sie erwartet, heute besser zu spielen?
Ich räumte mir jedenfalls eine Chance ein, deshalb bin ich auch sehr enttäuscht. Aber ich hatte Mühe mit meinem Service, den Rhythmus zu finden, mit vielen Sachen. Einiges lief nicht gut für mich. Aber er hat sich das auch verdient, er war der bessere Spieler, ganz klar.
War auch der Wind ein bisschen schuld?
Ja, der Wind spielte eine kleine Rolle, denn dafür muss die Beinarbeit noch besser sein. Das ist das, was mir sicher noch fehlt. Und vor allem gegen die Besten wirds dann kompliziert. Dann 0:2-Sätze und Break hinten zu sein, ist eine Seltenheit bei mir. Aber ich kann nur sagen, dass ich alles probiert habe. Ich hätte es gerne anders gehabt, aber mehr war heute nicht möglich.
Ist diese Niederlage einfacher zu ertragen wegen Ihrer Vorgeschichte?
Ich weiss es nicht. Ich war extrem enttäuscht nach dem Match, bin es immer noch. Gleichzeitig fällt immer eine gewisse Last von den Schultern, wenn ein Turnier vorbei ist – egal ob das Ziel erreicht, oder verfehlt ist. Ich fühle mich einfach horrend ausgelaugt, ich könnte jetzt sofort einschlafen… Ein komisches Gefühl. Ich habe alles versucht, die letzten 18 Monate waren lang und hart, es kam auch einiges Gutes dabei raus. Deshalb komme ich bestimmt wieder. Ich kenne mich in solchen Momenten. Erst bin ich richtig hart mit mir selbst, nach ein paar Stunden oder Tagen ist alles wieder in Ordnung. Und dann sehen wir weiter.