Ex-Nummer 5 über Horror-Nacht
So zerstörte ein Raubüberfall ihre die Tennis-Karriere

Ex-Tennisspielerin Anna Tschakwetadse (33) verrät in einem herzzerreissenden Bericht, wie sie als 20-Jährige eine Horror-Nacht erlebte, sich dann ihr Leben komplett veränderte und ihre Karriere auseinander brach.
Publiziert: 28.10.2020 um 17:33 Uhr
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Anna Tschakwetadse hat mit 33 Jahren bereits einiges erlebt.
Foto: Keystone

«Ich dachte wirklich, dass dieser 17. Dezember die letzte Nacht meines Lebens sein würde.» Mit diesem krassen Satz eröffnet die Russin Anna Dschambulilowna Tschakwetadse einen sehr emotionalen Erlebnisbericht beim brasilianischen Podcast «A voz do tenis».

Dabei fängt alles so gut an. Tschakwetadse ist 2007 gerade mal 20-jährig und mischt den Tennis-Zirkus gehörig auf. Sie ist gewinnt WTA-Turniere in Hobart und s'Hertogenbosch. An den Australian Open und in Roland Garros stösst sie in die Viertelfinals vor, an den US Open gar bis in den Halbfinal. Zwischenzeitlich steht sie auf Platz fünf des WTA-Rankings.

Der Weg ist geebnet. Alles ist da für eine tolle Tennis-Karriere – das Talent, der Fleiss, die Disziplin, die Erfolge. Alles stimmt. Bis zum 17. Dezember 2007.

Maskiert und bewaffnet

Tschakwetadse kommt gerade nach Hause. Sie war in Belgien und spielte ein Exhibition-Spiel gegen Justine Henin, die damalige Weltnummer eins. Mit ihrem Vater ist sie zurück im Haus der Familie etwas ausserhalb von Moskau.

«Wir waren erschöpft und gingen direkt schlafen», schildert die heute 33-Jährige die Ereignisse von damals. «Plötzlich, um 3 Uhr morgens, wachte ich auf. Es standen fünf riesige Männer in unserem Haus. Ich lag da und verstand nicht, was hier gerade abging. Sie trugen Masken, dunkle Kleider und sahen riesig aus.»

Dann hört Anna einen Schrei. «Ich wusste, dass er von meinem Vater kam. Ich wurde panisch. Ehrlich gesagt: Ich dachte, es wären meine letzten Momente. Es fühlte sich wie das Ende an.»

Gangster fesseln Anna

Die Männer bedrohen den Vater mit Pistolen und Messern, schlagen ihn mit dem Kolben. «Sie waren schwer bewaffnet», so Tschakwetadse. «Alles war wirklich richtig angsteinflössend.»

Als Anna probiert, aus ihrem Zimmer zu kommen, wird sie gefesselt. «Sie zogen so fest zu, dass ich meine Hände für Tage nicht spüren konnte.» Die Gangster zwingen die Eltern, den Safe zu öffnen. Sie nehmen alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist. Vater Dschambuli wird verletzt, die Schulter ist gebrochen und muss operiert werden. Annas kleiner Bruder Roman kriegt von allem nichts mit. Er schläft.

Eltern leben heute noch da

Wieso wählen die Gangster dieses Haus aus? Tschakwetadse sagt: «Sie wussten, wer ich bin. Sie wussten, dass ich gerade eine Rolex gewonnen habe bei der Exhibition am Tag zuvor. Das war kein willkürlicher Überfall. Es musste schon seit einiger Zeit geplant gewesen sein.»

Tschakwetadses Eltern leben immer noch im gleichen Haus. Für Anna unverständlich: «Ich will dort keine Zeit mehr verbringen.» Auch ihre 2-jährige Tochter Kira lässt sie nur für «drei oder vier Stunden an einem Tag» dorthin. «Ich finde das nicht okay.»

Sportlicher Absturz und Zusammenbruch

Nach dem Raubüberfall gehts mit ihrer Karriere bergab. «Ich konnte die Erwartungen für 2008 nie erfüllen. Es wurde schlechter und schlechter. Es fühlte sich an, als ob es nie ende. Ich verlor Weltranglistenplätze, verlor alle Punkte. Ich funktionierte nicht mehr», beschreibt sie den sportlichen Niedergang.

2009 und 2010 hält sie sich noch in den Top 100. 2011 bricht sie während eines Spiels in Dubai gegen Caroline Wozniacki zusammen. Immer wieder klagt sie über Schwindelanfälle.

«Es hätte auch schlechter sein können»

Im September 2013 zieht sie die Reissleine, auch weil sie immer Rückenschmerzen hat. Die sind chronisch und Tschakwetadse beendet 26-jährig ihre Karriere. Eine Karriere, die vielleicht anders verlaufen wäre, wäre diese schicksalhafte Nacht im Dezember 2007 nicht gewesen.

Heute ist Anna TV-Kommentatorin für Tennis-Übertragungen und hat diverse Projekte am Laufen, unter anderem eine Nachwuchsakademie. Und widmet sich dabei voll und ganz ihrer Tochter Kira. «Es hätte besser, es hätte auch schlechter sein können. Ich bin einfach dankbar, dass ich jene Nacht überlebt habe.» (leo)

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