Seit ihrem Rückzug an den French Open ist es ruhig geworden um Naomi Osaka. Die aktuell wohl beste Tennisspielerin der Welt gönnt sich eine Auszeit, nachdem sie in Paris aus Rücksicht auf ihre mentale Gesundheit nicht mehr mit den Medien sprechen wollte und mit ihrem freiwilligen Ausstieg einem Turnier-Ausschluss zuvorkam.
Osaka, die seit ihrem ersten Grand-Slam-Titel an den US Open 2018 unter Depressionen leidet, sagt auch für Wimbledon ab, will an den Olympischen Spielen in ihrer Heimat neu angreifen. Im Vorfeld der Spiele gibt sie nun in der Titelgeschichte des «Time Magazine» einen Einblick in ihr Seelenleben.
«Ich wollte keine Revolte anzetteln», blickt Osaka auf ihren Pressekonferenzen-Boykott in Paris zurück. Sowieso pflege sie ein gutes Verhältnis zu den Medien. «Im Vergleich zu langjährigen Stars wie Novak, Roger, Rafa oder Serena schenke ich der Presse sogar viel mehr Zeit», sagt sie. «Aber für mich sind Pressekonferenzen ein veraltetes Format, das erneuert werden sollte: objektiver und mehr Eins-zu-eins-Interviews. Für viele Tennis-Journalisten sind Pressekonferenzen leider eine heilige Kuh.»
«Presse hat mir nicht geglaubt»
Boykottiert habe sie die Pressetermine aber wegen ihren mentalen Probleme. «Wir sollten Sportlern das Recht auf eine Pause geben. In jedem anderen Beruf kannst du ohne Begründung einen Tag lang eine Auszeit nehmen, solange es nicht zur Gewohnheit wird. Aber ich musste meine Symptome offenlegen, weil die Presse und das Turnier mir nicht geglaubt haben», so Osaka.
Noch fühle sie sich unwohl als Gesicht aller Sportler mit mentalen Problemen. «Das ist alles noch so neu für mich und ich habe noch nicht alle Antworten gefunden. Ich hoffe, die Leute verstehen, dass es okay ist, nicht okay zu sein und dass es okay ist, darüber zu sprechen.»
Dank der Unterstützung von Sportlern, Sponsoren und ihrem persönlichen Umfeld könne sie nun wieder nach vorne schauen. «Die Vorfreude auf Tokio könnte gar nicht grösser sein.» Rekord-Olympiasieger Michael Phelps hatte eine spezielle Nachricht für Osaka: «Er sagte mir, mit meinem Outing hätte ich mein Leben gerettet. Falls das stimmt, war es das alles wert.» (cmü)