Eineinhalb Jahre nach seinem Rücktritt tritt Roger Federer praktisch nur noch als Werbefigur in Erscheinung. Den Tennis-Zirkus verfolgt er aber noch, auch wenn er keine ganzen Spiele schaut. «Dafür fehlt mir mit den Kindern die Zeit», verrät Federer in einem Interview mit GQ. «Letztes Jahr habe ich vielleicht ein komplettes Match gesehen. Aber ich verfolge die Resultate und schau die Highlights.»
Der 20-fache Grand-Slam-Sieger fiebert seit seinem Rücktritt mehr mit, als er es erwartet hätte: «Ich dachte, ich würde komplett das Interesse verlieren. Aber ich kenne halt noch viele Spieler und möchte sehen, wie sie sich schlagen.»
Wer sich aktuell nicht so gut schlägt, sind Spieler mit einer einhändigen Rückhand: Mitte Februar steht erstmals seit Einführung der Weltrangliste 1973 kein Einhänder mehr unter den Top 10. Für Federer, bei dem die einhändige Rückhand ein Markenzeichen war, ein harter Schlag: «Das hat mich persönlich schon getroffen. Auf der anderen Seite macht es Einhänder wie Pete Sampras, Rod Laver oder mich spezieller. Wir werden sehen, wohin sich das Spiel entwickelt.»
Federer vermisst Variation
Gewisse Tennis-Trends sieht der Baselbieter kritisch: «Ich wünsche mir im heutigen Spiel mehr Variation. Und ich würde gerne mehr Netzangriffe sehen, statt dass einfach von einer Seite zur anderen gelaufen wird. Das Problem mit den vielen ähnlichen Spieler-Typen ist, dass viele Ballwechsel gleich ablaufen. Das ist manchmal wie Armdrücken. Ich habe halt jeweils versucht, aus dem Armdrücken ein anderes Spiel zu machen.»
Tatsächlich wurde Federer stets für seine Vielseitigkeit und seine Variation gelobt. Sein Stil galt als mühelos und unbeschwert. Federer passte das damals nicht, wie er heute sagt: «Ich dachte, die Leute sehen den Kämpfer und Siegertypen in mir nicht. Sie sagten immer, wie einfach bei mir alles aussieht. Dabei habe ich richtig hart dafür gearbeitet.» (cmü)