«Ich fühle mich, als hätte ich den ersten Schultag verpasst»
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Belinda Bencic über die Tour:«Natürlich ist man froh, wenn die Leute jubeln»

Bencic vor Comeback in Rom nach US-Open-Forfait
«Fühle mich, als hätte ich den ersten Schultag verpasst»

Am Ankunftstag in Rom sass Belinda Bencic 24 Stunden in Quarantäne fest. Sie nutzt die Zeit für ein Interview mit BLICK wenige Tage vor ihrem ersten Ernstkampf.
Publiziert: 15.09.2020 um 09:18 Uhr
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Belinda Bencic wird am Masters-Turnier in Rom wieder an der WTA-Tour teilnehmen.
Foto: DUKAS
Cécile Klotzbach

Belinda Bencic, mit wem sind Sie nach Rom gereist?
Belinda Bencic: Mein Papi und mein Freund Martin (Hromkovic, Anm. die Red.) sind mitgekommen. Seitdem wir aus dem Hotelzimmer dürfen, fahren wir nur mit dem offiziellen Transport zur Anlage. Hältst du das nicht ein, können sie dich aus dem Turnier werfen. So viel Zeit im Hotel kann anstrengend sein. Aber die Vorschriften gelten für alle, die in der Bubble von Rom sind.

Das alles hat Sie von der Teilnahme am US Open abgeschreckt – was ist jetzt der Unterschied?
Dass ich in Europa bin. Der Flug ist nicht so lange und die Risiken, etwas zu verpassen, wenns schiefläuft, sind weniger gross. Hier habe ich ein besseres Gefühl und bin im schlimmsten Fall ­relativ schnell wieder daheim.

Realisieren Sie überhaupt, dass Sie in der Ewigen Stadt sind?
Leider gar nicht. Ich habe auch keine besondere Aussicht aus dem Hotelfenster. Ich hätte grosse Lust, in die Stadt zu fahren, ­einen Spaziergang zu machen und ein Eis zu essen. Aber es ist okay, wir sind ja zum Arbeiten hier.

Ist das die traurige Tennis-Zukunft?
Kurzfristig leider ja. Natürlich keine tolle Perspektive, aber wir sind Profis und haben das zu ­akzeptieren. Hoffen wir einfach, dass irgendwann nächstes Jahr wieder vieles normaler läuft.

Haben Ihnen Kolleginnen erzählt, wie das neue Turnierleben so ist?
Das Meiste wusste ich schon durch die Medien. Ich hörte, der Zustand sei gewöhnungsbedürftig. Aber die Turniere bemühen sich, alles möglichst angenehm zu machen. Ich denke, es wird sich mit jedem Mal mehr einspielen. Es ist schon seltsam: Das normale Turnierfeeling ist da, aber alles ist doch sehr anders. Ich fühle mich, als hätte ich den ersten Schultag verpasst und wäre erst zwei Wochen später in die Schule gekommen. Viele sind schon voll im Rhythmus, ich schaue mich erst noch um, frage jeden nach Erlaubnis, was ich machen darf und was nicht.

Sind Sie mental vorbereitet auf den ersten Kampf ohne Zuschauer?
Im Vorfeld fragte ich mich oft, wie es sein wird. Deshalb habe ich auch die US Open verfolgt. Dass keine Zuschauer da sind, wird mir am wenigsten ausmachen. Es fühlt sich nur anders an, weil ich niemanden sehe, viele Leute mich aber am Fernseher sehen. Logisch ist man über jeden Jubel froh. Aber wenn wir trainieren, spielen wir auch ohne Fans. Das ganze US Open kam mir wie ein Trainingsmatch vor. Aber auch im Training will ich gewinnen.

Bereuen Sie die Absage der US Open?
Ich habe keinen Moment daran gezweifelt, dass es die richtige Entscheidung war. Auch wenn sie megaschwierig war. Letztlich liess ich den Bauch entscheiden. Und es gab ja auch Probleme ...

Welches Gefühl dominiert jetzt?
Ich freue mich mega! Endlich sehe ich die gewohnten Gesichter wieder. Schon beim Packen fühlte ich die Vorfreude. Aber es war komisch, ich wusste gar nicht mehr, was ich einpacken sollte. Ich bin zum ersten Mal seit März wieder geflogen.

Rom und Paris sind jetzt Höhe­punkte für Sie – trotz Sand ...
Ich habe den ganzen Sommer auf Sand gespielt. Seit dem Interclub fühle ich mich richtig wohl darauf, habe Selbstvertrauen. Ich hoffe, ich kann dies auch im Match zeigen. Rom ist ein Test. Ich bin zwar nicht total eingerostet, habe aber keine hohen Erwartungen. In Paris zählts dann.

Was nehmen Sie aus der Zwangspause Positives mit?
Es war schön, wieder viel zu Hause zu sein. Das Schönste am Lockdown ist unsere neue Hündin Paula. Samstags gehen wir in der Slowakei öfters in ein Tierheim, um mit ein paar Hunden spazieren zu gehen. Als dieser Mischling uns angesehen hat, wars um uns geschehen, wir adoptierten sie. Paula macht null Umstände, und sind wir nicht da, kümmert sich Martins Vater um sie.

Haben sich Ihre Werte durch die ­Corona-Krise verschoben?
Die Gesundheit hat grössere Priorität als vorher. Durch Fälle wie Carla Suarez Navarro, bei der Krebs diagnostiziert wurde. Aber auch durch Corona – man weiss ja nicht, wie hart einen das Virus trifft. Da macht man sich schon Gedanken, ob es so wichtig ist, dass die Vorhand nicht so gut ist.

Oder ob man sich auf dem Court so nerven sollte wie Novak Djokovic?
Was ihm mit dem Ball passiert ist, kam schon häufig vor. Mein Glück ist, dass ich als ersten Reflex den Schläger auf den Boden schmeisse. Emotionen gehören dazu, auf dem Fussballplatz geschehen Fouls aus Frust. Ich denke, es war kein extremer Wutausbruch von Djokovic. Wer vier ­Rackets zerhackt, lässt mehr Wut raus. Er hatte Pech, zehn Zentimeter daneben wäre nichts passiert. Aber die Disqualifikation ist richtig, so sind die Regeln.

Was wird es in Djokovic auslösen?
Das kann ich nicht abschätzen, denn er ist als Nummer 1 in einer völlig anderen Position. Je weiter vorne du bist, desto mehr wird alles aufgebauscht. Djokovic will den Grand-Slam-Rekord brechen, die Situation ohne Federer und Nadal war ideal für ihn. Das könnte schon prägend sein.

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