Fährt Roger Federer nun in ruhigeres Wasser oder geht der wilde Ritt weiter? Der 39-Jährige steht in Wimbledon in der zweiten Woche. Am Montag folgt der Achtelfinal, nach einer Achterbahnfahrt bisher.
Denn das ist das Geschehen auf dem Court. Erst der Auftakt gegen Adrian Mannarino am Dienstag, wo er mit dem Rücken zur Wand stand. Dann der Durchmarsch gegen Richard Gasquet am Donnerstag. Und nun dieses schräge Spiel am Samstag.
Federer hat gegen Cameron Norrie alles im Griff. Mit seinem Aufschlag dominiert er das Geschehen, der Brite kann kaum einen Punkt machen. Und Federer führt dank Fehlern des Gegners schnell 2:0 in den Sätzen. Doch Ende des dritten Satzes, nachdem Federer zwei vorentscheidende Breakbälle bei 5:5 vergibt, ist es plötzlich vorbei mit der Herrlichkeit – die Achterbahn rast Richtung Talsohle durch.
Norrie bringt plötzlich jeden Aufschlag zurück und so wirds sofort kompliziert für den Schweizer. Denn in den Ballwechseln hat die Weltnummer 34 Vorteile. Norrie macht das Break und gewinnt den 3. Satz, macht im Vierten im gleichen Stil weiter.
Nach einem Break-Geschenk gibt Federer den Service sofort wieder ab, muss leiden, kämpfen. Und dann geht es plötzlich wieder aufwärts. Weil Norrie einfach zu viele Fehler macht und Federers Service, als es am Ende zählt, doch einfach zu stark ist. Er macht das Break, siegt 6:4, 6:4, 5:7, 6:4.
Im Achtelfinal gegen Sonego
«Ich bin sehr glücklich, durch zu sein. Es war ein harter Kampf. Ich war so nah dran und musste dann eine Extra-Runde spielen», sagt Federer. «Norrie hat sich diesen dritten Satz mit seiner Leistung verdient.» Eine klare Antwort auf die Frage, wie stark Federer wirklich ist, bringt das Spiel nicht. Was bleibt ist die Gewissheit, dass nur wenige Federer gefährlich werden können, wenn er in Wimbledon so stark serviert wie zu Beginn. Doch was wenn nicht?
Für Federer ist das vorerst zweitrangig. Er ist froh, die Prüfung bestanden zu haben. «Ich denke, ich spiele auf einem hohen Level. Die Dinge laufen gut», sagt die Weltnummer 8, die nun im Achtelfinal auf Lorenzo Sonego (ATP 27) trifft.
Auktion übertrifft Erwartungen
Das wilde Wimbledon beschränkt sich bei Federer nicht nur auf das Geschehen auf dem Court. In der Vorwoche begann am Mittwoch die Auktion von Christie’s, in der Erinnerungsstücke aus Federers Karriere zu ersteigern sind. 20 Grand-Slam-Souvenirs kamen am ersten Tag in einer Live-Auktion unter den Hammer. Und brachten schlappe 1 329’375 Pfund ein – umgerechnet 1,7 Millionen Franken. Etwa das Dreifache des erwarteten Erlöses, der seiner «Roger Federer Foundation» zu Gute kommt.
Das Tempo ist dabei schwindelerregend. So nimmt er bei einem Posten 110 '000 Pfund in 26 Sekunden ein. Die ganze Auktion dauert etwas mehr als eine Stunde – kein schlechter Schnitt. Das wertvollste Stück: Sein Outfit und das Racket vom French-Open-Sieg 2009 gehen für 187 500 Pfund über den Tisch. Der Rest der total 320 zu versteigernden Artikel wird Online angeboten. Diese Auktion dauert noch bis 14. Juli.
Auf der Baustelle gehts vorwärts
Neues gibts auch von der Baustelle in Rapperswil, wo Federer eine Villa bauen lässt. Nachdem wegen einer Einsprache im Uferbereich ein Baustopp eingelegt werden musste, haben die Planer nun nachgebessert. Wie die «Handelszeitung» diese Woche berichtete, ist das Baugesuch mittlerweile bei der Stadt Rapperswil durchgewinkt worden. Nun muss noch der Kanton seinen Segen geben. Ein Teilsieg für Roger.
So wie das Erreichen des Achtelfinals. Denn das ist das Wichtigste: Egal ob auf dem Court, bei der Auktion oder auf der Baustelle – Federer ist am gewinnen. Die zweite Wimbledon-Woche kann kommen. Auch wenn es wieder eine wilde wird.