Es ist das wohl aussergewöhnlichste Projekt der alpinen Weltcup-Geschichte. Olympiasieger Didier Défago (43) kreiert derzeit in seiner neuen Funktion als FIS-Pistenbauer in der Matterhorn-Region eine Strecke, die ähnlich lang oder noch länger als die Lauberhorn-Abfahrt (4,5 km) werden soll.
Im November 2022 soll dieses Rennen erstmals im Weltcup-Kalender fungieren. Start in der Schweiz, das Ziel auf der italienischen Seite des Matterhorns. Marketingstrategisch ist diese Idee unbestritten genial. Doch diverse Top-Athleten melden in sportlicher Hinsicht Vorbehalte an.
Das Problem mit der dünnen Höhenluft
Zu den prominenten Skeptikern gehört Italiens Speed-Gigant Dominik Paris (32). «Wir reden immer wieder darüber, wie man unseren Sport sicherer machen könnte. Ich glaube aber nicht, dass es der Sicherheit dient, wenn man zu Beginn eines Weltcup-Winters auf einer Höhe von 4000 Metern eine Abfahrt startet, deren Laufzeit zweieinhalb Minuten beträgt.» Paris befürchtet deshalb, dass ein Rennfahrer auf einer derart langen Strecke in der dünnen Höhenluft komplett ausgelaugt und dementsprechend sturzanfällig sein wird.
Der Schwyzer Urs Kryenbühl (27) untermauert die Zweifel des dreifachen Hahnenkamm-Siegers aus dem Südtirol: «Bei den Gletschertrainings in Zermatt kommst du aufgrund der Höhenlage schon bei einer Laufzeit von etwas mehr als einer Minute heftig ins Schnaufen. Deshalb kann ich mir es fast nicht vorstellen, wie wir bei diesen Bedingungen eine sehr viel längere Strecke meistern sollten.»
«Kugelblitz» betrachtet den Wind als Hauptproblem
Beat Feuz erkennt als vierfacher Abfahrts-Gesamtweltcupsieger noch ein ganz anderes Problem. «Meines Erachtens wird es sehr schwer werden, dass man beim geplanten Rennstart im November auf 4000 Meter über Meer einen Tag mit konstant guten Wetterbedingungen erwischen wird. Man darf einfach nicht vergessen, dass in dieser Höhenlage selbst bei sehr schönem Wetter der Wind eine Rolle spielt. Und ein bisschen fair sollte das Rennen ja dann auch noch sein ...»
Komplett gegen das neue Matterhorn-Derby ist Deutschlands Slalom-Legende Felix Neureuther (37, zweifacher Lauberhorn- und Kitzbühel-Sieger). «Wir müssen im Skisport mehr Wert auf Nachhaltigkeit legen. Deshalb ist für mich der Bau einer so langen Abfahrt nicht zeitgemäss.»