Marco Odermatt wartet in Aspen mit einem kapitalen Fehlstart auf – nach 27 Fahrsekunden liegt der Weltmeister sieben Zehntel hinter dem Norweger Aleksander Aamodt Kilde! Für Hans Knauss, Österreichs Ski-Experte Nummer 1, ist sofort klar: «Wenn einer wie Odermatt in diesem flachen Abschnitt ohne erkennbaren Fehler so viel Zeit verliert, kann etwas nicht stimmen. Der Verdacht liegt nahe, dass er von einer Windböe gebremst wurde.»
Sonntagsblick fragt bei mehreren Trainern nach, die im Startabschnitt postiert sind. Die einhellige Antwort: Bei Odermatt und bei Vincent Kriechmayr war tatsächlich Wind im Spiel! Dass der Riesenslalom-Olympiasieger letztendlich dennoch zum fünften Mal in diesem Winter den Sprung auf das Podest bei einer Weltcup-Abfahrt schafft, ist auf eine überragende Leistung im windstillen Bereich zurückzuführen.
Odermatt freut sich mit Jugendfreund
Der Nidwaldner ist ab dem dritten Sektor konstant schneller als Kilde und sichert sich damit sieben Hundertstel vor Krichmayr den dritten Rang. «Vor dem Rennen hätte ich sofort unterschrieben, wenn man mir den dritten Rang angeboten hätte», betont Odermatt. «Ich habe nicht unbedingt damit gerechnet, dass ich auf dieser doch eher leichten Abfahrt auf dem Podest lande. Aber natürlich tut es ein bisschen weh, wenn man ich Nachhinein erfährt, dass man den Sieg bereits im ersten Streckenabschnitt vergeben hat, obwohl ich das Gefühl hatte, dass mein Start gut war.»
Als untadeliger Sportsmann will der 25-Jährige den verpassten Sieg aber nicht auf den Wind abschieben. «Aleksander ist nun einmal ein überragender Starter, in diesem Bereich habe ich noch Verbesserungspotenzial.» Kilde sichert sich mit seinem 21. Weltcupsieg vorzeitig die kleine Kugel für den Triumph in der Abfahrtsgesamtwertung.
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Kurz vor der Siegerehrung passiert noch etwas, was Odermatt richtig viel Freude macht: Sein Freund Marco Kohler fährt in seinem erst zweiten Weltcuprennen mit der Startnummer 49 auf den 24. Rang und sichert sich damit 7 Weltcup-Punkte.
Das ist auch deshalb besonders bemerkenswert, weil die Karriere des 25-jährigen Berner Oberländers vor drei Jahren von einigen Medizinern für beendet erklärt wurde, nachdem er als Vorfahrer am Lauberhorn bei einem Sturz im Ziel-S einen Totalschaden im linken Knie erlitten hat.
FIS-Renndirektor kritisiert Organisatoren
Mit einem heftigen Abflug wartet gestern das Freiburger Top-Talent Alexis Monney auf. Gemäss der ersten Untersuchung kommt der 23-Jährige, der heuer bei den Abfahrts-Klassikern in Wengen und in Kitzbühel in die Top 11 gefahren ist, bei diesem Sturz aber ohne gravierende Verletzung davon.
Ein vernichtendes Urteil bekommt das OK dieser Aspen-Rennen von FIS-Renndirektor Marcus Waldner. «Aspen ist ein wunderbarer Ort, leider wissen die Leute hier nicht, wie ein Skirennen richtig durchgeführt werden sollte», poltert der Südtiroler und legt nach: «Wir haben am Freitag bei der Abfahrt, die nach 24 Startern abgebrochen werden musste, viel Zeit verloren, weil die Streckenarbeiter fünf Minuten gebraucht haben, um eine Torstange auszuwechseln.»
Deshalb ist es fraglich, ob der Ski-Zirkus auch im nächsten Winter im amerikanischen Nobelskiort gastieren wird. Am Sonntag steht in Colorado aber sicher noch ein Rennen auf dem Programm – Marco Odermatt könnte sich im vorletzten Super-G die kleine Kugel sichern. Derzeit beträgt sein Vorsprung auf Kilde 148 Punkte. Das heisst im Klartext: Mit einem dritten Rang könnte der Buochser alles klarmachen.