Es ist eine bemerkenswerte Aussage, die Marco Odermatt in Aspen im Interview mit dem ORF tätigt: «Manchmal wäre ich froh, wenn es diese Serien und Langzeit-Statistiken gar nicht geben würde. Dann könnte ich auch wieder einmal etwas lockerer ein Rennen bestreiten.»
Auf dieser Nordamerika-Tour ist es vor allem die Riesenslalom-Serie von Weltcup-Rekordsieger Ingemar Stenmark (67), welche den Druck auf den Innerschweizer trotz des vorzeitigen Gewinns der grossen Gesamtweltcup-Kugel und des kleinen Riesen-Kristalls hochhält – der Schwede hat zwischen 1978 und 1980 14 Riesenslaloms in Folge gewonnen. Odermatt hat am Freitag im Nobel-Skiort von Colorado seinen elften Weltcup-Riesen hintereinander gewonnen.
Zweiter Schweizer Doppelsieg innerhalb von 24 Stunden
Bei Halbzeit vom zweiten Aspen-Riesenslalom droht dieser Sieges-Serie jedoch das Ende. Odermatt liegt mit einer Hypothek von drei Zehntel hinter Norwegens Mega-Talent Alexander Steen Olsen und seinem Teamkollegen Loïc Meillard an dritter Stelle. Österreichs Slalom-Legende und ORF-Experte Thomas Sykora ist sich vor der Entscheidung sicher, «dass Odermatt in diesem Rennen verwundbar ist. Die Jagd nach dem Stenmark-Rekord scheint ihn wirklich nervöser zu machen.»
Tatsächlich unterläuft dem 26-Jährigen nach wenigen Toren im zweiten Lauf ein Riesen-Bock, Odermatt kann einen Ausfall nur haarscharf abwenden! Dennoch schwingt der Superstar vom Vierwaldstättersee im Ziel mit einer Zeit ab, die Loïc Meillard um 34 Hundertstel verfehlt. Und weil Leader Steen Olsen einen riesigen Bock schiesst und auf den 17. Rang zurückfällt, gibt es genau wie 24 Stunden zuvor einen Schweizer Doppelsieg – Odermatt vor Meillard. «Es ist unglaublich, ich habe mich nach wenigen Toren schon draussen gesehen. Aber ich habe weiter gekämpft, und unglaublicherweise hat es dann doch noch gereicht», resümiert der Buochser.
Der Vergleich mit MvG
Von Stenmarks Riesen-Bestmarke ist Odermatt jetzt noch zwei Siege entfernt, den Schweizer Rekord von Mike von Grünigen hat er mit seinem 23. Weltcup-Riesenslalomsieg aber bereits egalisiert. Der langjährige Stöckli-Rennchef Beni Matti kennt die Gemeinsamkeiten von «Odi» und «MvG» ganz genau. «Mit Mike teilte ich in meiner Zeit als Rennfahrer gelegentlich das Zimmer, mit Marco habe ich in den letzten Jahren intensiv bei Stöckli zusammengearbeitet. Odi besitzt genau wie Mike neben den überragenden Ski-Künsten auch die seltene Gabe, dass er nach Testfahrten ein genaus Feedback bezüglich des Materials geben kann. Mit seinem aussergewöhnlichen Gespür ist er uns auch bezüglich der stetigen Weiterentwicklung der Ski Gold wert.»
Rekordjagd geht weiter
Nach dem insgesamt 37. Weltcupsieg spricht alles dafür, dass Alleskönner Odermatt bis zum Final in Saalbach weitere Rekorde brechen wird. Im vergangenen Winter hat Odermatt 13 Weltcup-Triumphe realisiert und damit mit Hermann Maier, Marcel Hirscher und Stenmark gleichgezogen. In dieser Saison hat der dreifache Schweizer Sportler des Jahres schon wieder 13 Siege auf dem Konto und weil er noch vier Rennen bestreiten wird, dürfte ihm dieser Männer-Rekord bald alleine gehören.
Odermatt wird dem «Herminator» aller Voraussicht nach auch den Rekordvorsprung im Gesamtweltcup entreissen. In der Saison 2000/01 sicherte sich der Österreicher die grosse Kugel 743 Zähler vor seinem Landmann Stephan Eberharter. Aktuell beträgt Odermatts Vorsprung auf den zweitplatzierten Österreicher Manuel Feller 1101 Punkte. Und bei einem Zwischentotal von 1902 Zählern dürfen sie eine schöne Stange Geld darauf wetten, dass Odermatt bis am 24. März auch seinen eigenen Weltcuppunkte-Weltrekord (2042) pulverisieren wird.