Die Erlösung bei Mikaela Shiffrin (27) ist riesig. Nachdem sie letztes Jahr bei den Olympischen Spielen in allen Disziplinen leer ausging und auch am Montag zum WM-Auftakt in der Kombi Edelmetall kurz vor dem Ziel wegwarf, darf sie im Super-G jubeln.
Nach Gold 2019 in Are (Sd) und Bronze vor zwei Jahren in Cortina d'Ampezzo (It) komplettiert sie mit Silber ihren Super-G-Medaillensatz.
Im Interview mit ORF kann Shiffrin ihre Emotionen nicht zurückhalten. «Ich bin zufrieden, ich habe das Beste getan, was ich konnte. In einer Kurve habe ich sogar den Schwung verloren», antwortet sie auf die erste Frage des Reporters noch gefasst.
«Sind Sie verärgert?»
Und dann stockt sie plötzlich, richtet den Blick erst auf den Boden, atmet tief durch und lehnt ihren Kopf an die Ski. Der Reporter hakt nach. «Sind Sie verärgert?»
Eine Frage, die Shiffrin zum Schmunzeln bringt. «Natürlich bin ich nicht verärgert», antwortet sie und nimmt ihre Sonnenbrille ab. Ihre Augen? Sind tränennass. «Wissen Sie, wie viel …», will sie zu einer Erklärung ansetzen.
Doch das lässt der Reporter nicht zu, er grätscht dazwischen. «Es war doch ein perfekter Lauf von Ihnen.» Dem stimmt Shiffrin zu. Und erklärt ihre Tränen dann doch noch. «Ich bin so glücklich über meinen Lauf und so emotional, weil ich gerade nicht das Gefühl habe, dass ich jetzt eine Medaille im Super-G gewinnen sollte. Es gibt so viele Läuferinnen, die stark und schnell sind», adelt Shiffrin ihre Konkurrentinnen. «Aber um ehrlich zu sein, wenn ich heute eine Medaille gewinne, dann …» Weiter sprechen kann sie nicht, wieder bremsen sie die Tränen. Und der Reporter erlöst sie.
Stolz und glücklich
Als sie wenig später bei SRF zum Interview erscheint, sind die Tränen getrocknet, Shiffrin hat ihre Emotionen besser im Griff. Und die Medaille ist ihr sicher. «Für mich war es der perfekte Lauf, genau so wollte ich fahren», sagt sie. «Ich bin sehr stolz und sehr glücklich.»
Angesprochen auf ihre nun zwölfte WM-Medaille sagt Shiffrin: «Ich habe gesagt, ich habe keine Angst, hier ohne Medaille abzureisen. Denn es ist mir schon passiert und es hat mich nicht umgebracht. Aber ich wollte immer noch eine Medaille. Dieser Zwiespalt war schwierig. Jetzt ist die Medaille da und ich kann etwas durchatmen.»