Auf einen Blick
- Zuletzt hielt Vreni Schneider 1995 die Slalom-Kugel in den Händen, Camille Rast könnte ihr nun nachfolgen
- SRF-Experte Plaschy lobt Rasts Technik, Selbstvertrauen und ihren Gleichgewichtssinn
- Im Moment liegt Rast bei den Punkten vor Wendy Holdener und Zrinka Ljutic
Vreni Schneider hält 1995 die Slalom-Kristallkugel in die Höhe. 30 Jahre ist dieses Bild alt. Noch immer wartet die Gold-Vreni auf eine Nachfolgerin. Doch nun gibt es deutlich Anzeichen, dass diese schwarze Schweizer Ski-Serie bald ein Ende haben könnte. Nach sechs von zehn Rennen führt Camille Rast (405 Punkte) den Slalom-Weltcup an. «Es spricht derzeit nichts dagegen, dass es Camille schaffen kann», sagt Slalom-Altmeister Didier Plaschy (51).
Tatsächlich schwebt Rast in diesem Winter auf Zick-Zack-Wolke sieben. Ihre bisherigen Platzierungen? Fünfte, Dritte, Erste, Vierte, Vierte und Erste. Die 25-jährige Walliserin ist nicht nur konstant, sondern auch konstant schnell.
Ihr Triumph beim Nachtrennen in Flachau war phänomenal. Trotzdem antwortet Plaschy auf die Frage, was ihn an Rast am meisten beeindruckt, ganz cool: «Nichts.» Wie bitte? Er erklärt: «Camille war Junioren-Weltmeisterin im Slalom. Dass sie eines Tages ganz vorne landen würde, war absehbar. Sie verlor halt vier Jahre mit Verletzungen und Krankheiten, aber nun ist sie da und zeigt ihre brillante Technik.»
Rast meidet Löcher wie heisse Herdplatten
Diese ganz besondere Technik spielte Rast in Flachau im zweiten Lauf aus, wo sie von Platz 8 auf 1 vorprescht. Während viele Gegnerinnen an den tiefen Furchen und heftigen Schlaglöcher verzweifelten, wendete Rast eine eigene Strategie an. «Sie machte es wie Clément Noël und Lucas Pinheiro Braathen», so Plaschy. Was das heisst? «Camille zeigte ihre Fähigkeit, sehr eng an den Toren dran zu sein. Sie vermied es, in die Löcher zu fahren – so, als wären sie heisse Herdplatten, die sie nicht mit den Ski berühren wollte. Sie kam also innen durch. Das erfordert nicht nur viel Können, sondern auch Selbstvertrauen und einen erstklassigen Gleichgewichtssinn.»
Gewonnen hat Rast die Kugel selbstredend noch nicht. Teamkollegin Wendy Holdener (31) hat 60 Punkte Rückstand und Zrinka Ljutic (20, Kro) liegt 96 Zähler zurück. «Zrinka zog in Flachau zwar einen Nuller ein, sie fährt aber sehr gut», so Plaschy.
«Alles, was noch kommt, ist Bonus», hatte Rast nach ihrem Sieg in Killington (USA) Anfang Dezember 2024 gesagt. Es ist offensichtlich eine Einstellung, die sie beflügelt. Den roten Slalom-Teppich hat sie sich jedenfalls ausgerollt. Und wer weiss, vielleicht hat Vreni Schneider ja tatsächlich bald eine Nachfolgerin.