«Ich werde wohl meinen britischen Pass abgeben müssen»
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Ryan Regez im Food-Check:«Ich werde wohl meinen britischen Pass abgeben müssen»

So trainiert der Olympiasieger
Ryan Regez wird vom Jäger zum Gejagten

Nach seinem Super-Winter schuftet Ryan Regez wieder für die kommende Saison. Der 29-Jährige erzählt Blick, warum er nicht in ein Olympia-Loch verfallen ist und warum er erkennen musste, dass in puncto Muskeln weniger mehr ist.
Publiziert: 17.10.2022 um 15:33 Uhr
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Aktualisiert: 18.10.2022 um 17:32 Uhr
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Ryan Regez schuftet wieder im Fitness-Zentrum.
Foto: BENJAMIN SOLAND
Sven Micossé (Text), Benjamin Soland (Bilder)

Die Hantelstange knallt auf den Boden, Ryan Regez stöhnt: «Das wird schlimmen Muskelkater geben.» Das T-Shirt ist nass geschwitzt, nach einer Serie Gewichtheben hängt er gleich noch ein paar Sprünge an. In seinem Stamm-Fitnessklub trainiert er regelmässig in einer für Crossfit umfunktionierten Garage. Ein Blick nach draussen bietet Aussicht aufs imposante Bergmassiv des Berner Oberlands.

Mit seiner Grösse und Postur ist der 29-Jährige eine imposante Erscheinung. Früher habe er noch mehr für seine Muskeln getan. «Ich war ein ‹Discopumper›, habe zu viel Krafttraining gemacht.» Zwar war die grosse Schnellkraft im Skicross für den Start hilfreich, doch danach verpuffte seine Kraft. «Ich würde sagen, dass ich heute noch mehr Freude am Krafttraining habe, aber so trainiere, dass es zum Sport passt.»

Das Resultat lässt sich – besonders in der vergangenen Saison – sehen. Regez krönte sich zum Olympiasieger und Gesamtweltcupsieger. Eine erfolgreiche, aber auch anspruchsvolle Saison. So plante er bereits früh, sich eine ordentliche Auszeit zu gönnen – drei Monate an der US-amerikanischen Sonne mit Freundin Barbara.

Öfter erkannt, als ihm lieb ist

Während er in Hawaii die Ferien voll auskosten konnte, musste er anschliessend in Kalifornien wieder ran: Das Sommertraining rief. Das nötige Trainingszeug nahm er mit, drei Tage vorher suchte er sich das passende Fitnessstudio aus. «Der Cali-Vibe hat mir sehr gut gefallen. Ich blieb unerkannt, es wusste niemand, wer ich bin und was ich mache.» Ist dies in der Schweiz nach den Erfolgen anders? «Ich werde öfter erkannt, als mir lieb ist», sagt er mit dem typisch herzhaften Lachen.

Ausser, dass er sich seinen Lebenstraum verwirklichen hat können, habe sich für den Berner Oberländer nicht viel verändert. Bodenständigkeit ist ihm wichtig. «Ich frage mich, warum ich abheben sollte? Ich sehe keinen Grund dafür.» Hätte er den Titel 2018 gewonnen, hätte es wohl anders ausgesehen. «Es wäre mir definitiv zu Kopf gestiegen. Ich hätte das Gefühl gehabt, der Allerbeste zu sein.»

Die Erfolge würden ihm jetzt eine Seelenruhe geben, haben ihn zudem weiter reifen lassen. Aber: «Wenn ich das schlechte letzte Jahr nicht erlebt hätte, wäre ich dieses Jahr nicht Olympiasieger geworden.»

Vorbereitung auf Olympia-Loch

Dank der Zusammenarbeit mit einem Mentaltrainer und Sportpsychologen überwand Regez vor Olympia seine mentalen Probleme und fand so zum Erfolg. Dies ist mit ein Grund, weshalb er im Anschluss nicht in ein Olympia-Tief verfiel – wie viele andere Olympionikinnen und Olympioniken vor ihm.

«Man weiss es von anderen Sportlern und man muss sich mental darauf vorbereiten. Man kann nicht einfach auf den Wettkampf seines Lebens hinarbeiten, ohne an die Zeit danach zu denken.» Dabei habe es Regez geholfen, dass im Anschluss nach Peking die finalen Rennen um den Gesamtweltcup anstanden. Der Fokus und die Anspannung mussten weiter hoch sein.

Eine Anspannung, die es nun wieder gilt, aufzubauen. Ab Ende Januar 2023 steigt das Highlight der kommenden Saison: die Freestyle-WM in Georgien. «Ich habe mich vom Jäger zum Gejagten hochgearbeitet. Es ist eine schöne Ausgangslage, aber du hast diese Zielscheibe auf dem Rücken.»

«Hoffe, dass viel Schnee kommt»

Ende August ging es für den Skicross-Tross nach Chile ins Sommertraining – weil auf den heimischen Pisten zu wenig Schnee lag. Regez: «Es ist sehr traurig, zu sehen, wie die Gletscher und der Schnee hier aussehen. Jedes Jahr nach Übersee zu gehen, ist mit viel Kosten und Emissionen verbunden. Ich hoffe, dass viel Schnee kommt.»

Während des Winters muss Regez ohnehin grosse Strecken mit dem Flugzeug zurücklegen. Er sieht es als Teil der Arbeit an, da es unabdingbar sei, nach Kanada oder China zu reisen. Der Olympiasieger habe es schon auf anderem Wege versucht, quasi umweltschonender zu arbeiten. «Ich bin vor ein paar Jahren mit dem Bus an ein Rennen in Schweden. Das war mit dem Gedanken, meine Emissionen kleinzuhalten. Schlussendlich war es einfach eine schlechte Vorbereitung.»

So versucht Regez, jeden Tag mit der Ernährung eine Wirkung zu erzielen, indem er sich seit mehreren Jahren vegan ernährt. Im kommenden Winter wird sich der Skicross-Zirkus ohnehin meist in Europa aufhalten. Nur für den Saison-Final gehts nach Kanada. Mitte Oktober gabs dann schon die erste schlechte Nachricht: Der Anfang November in Les Deux Alpes (Fr) geplante Saisonstart musste abgesagt werden: zu wenig Schnee.

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