Diese Frau ist nicht zu stoppen! Sofia Goggia schaffte in Lake Louise einen Hattrick der besonderen Art. Zuerst gewann die Italienerin aus Bergamo beide Abfahrten überlegen. Und dann schlug sie auch noch im Super-G zu. Drei Rennen, drei Siege. Das war im Banff National Park zuvor nur zwei Frauen gelungen: Der Deutschen Katja Seizinger (1997) und US-Gigantin Lindsey Vonn (2011, 2012, 2015).
Vonn war dann auch eine der ersten, die Goggia für ihren Coup gratulierte. Das kommt nicht von ungefähr. Die Beiden sind seit ihrer gemeinsamen Zeit im Ski-Zirkus – Vonn trat 2019 zurück – gute Freundinnen. Und genauso wie die 82-fache Weltcupsiegerin in ihren besten Jahren dominiert nun Goggia. Verrückt, aber wahr: Das Energiebündel aus Bergamo gewann die letzten sechs Abfahrten, die sie bestritt. Für den Rest des Feldes blieben nur Krümel.
So wie auch für Lara Gut-Behrami, die im Super-G Zweite wurde. Die beiden verstanden sich einst gut. Die Tessinerin half Goggia einst sogar mit Material aus. Doch mittlerweile ist das vorbei – die beiden Speed-Gigantinnen sind längst auf Distanz zueinander gegangen.
«Nach 30 Stunden keine Tränen mehr»
Oft als wird Goggia auch als «Wilde Henne» oder «Kamikaze-Frau» beschrieben. Warum? Klar, wegen ihres risikoreichen Fahrstils. Brettert sie eine Piste herunter, sind die Pisten-Sanitäter in Alarmbereitschaft. Der Übermut wurde Goggia schon mehrmals zum Verhängnis. 2013 riss sie sich erstmals das Kreuzband – notabene in Lake Louise. 2014 knallte es erneut im Knie, seither fährt sie mit der Sehne eines Toten.
Im letzten Januar stürzte Goggia dann auf einer Touristenpiste in Garmisch – aus purer Unachtsamkeit. Die Abfahrts-Olympiasiegerin von 2018 brach sich das Schienbeinplateau und verpasste die Heim-WM in Cortina. Goggia weinte und weinte. «Nach 30 Stunden hatte ich dann keine Tränen mehr übrig», erzählte sie später.
Goggia landete auf einem Lieferwagen
In Lake Louise fuhr Goggia für einmal mit Köpfchen. Weil sie wusste, dass sie auch mit 90 Prozent die Beste ist? Womöglich. Vielleicht ist Goggia, die ihren Australian Shepherd «Belle» gerne mit an die Rennen nimmt, aber auch gereift.
Sicher ist: Unfälle hatte sie schon genügend. Einer davon erlebte sie 2019, als sie mit dem Auto auf schneebedeckter Fahrbahn wegrutschte und mehrere Meter in die Tiefe stürzte. Wie durch ein Wunder landete Goggia Wagen auf dem Dach eines Lieferwagens. Sie blieb unverletzt, gab aber später zu, ihr Leben auf der Überholspur sei vielleicht doch nicht so gut. «Es war ein Zeichen, dass ich stoppen muss», sagte sie.
Zum Stillstand ist sie nicht gekommen. Goggia hat weiterhin viel vor. Bleibt zu hoffen, dass sie es dabei nicht wieder übertreibt.