«Das Klettern ist ein perfekter Ausgleich für mich»
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Hoch hinaus mit Priska Nufer:«Das Klettern ist ein perfekter Ausgleich für mich»

Ski-Ass Nufer klettert an die Spitze
«Es gab Leute, die meinten, ich soll aufhören»

Priska Nufer (30) wurde nicht von allen ernst genommen. Doch im letzten Winter schlug sie alle. Wie hat sie das geschafft? Wir treffen die Bauerntochter zum Klettern.
Publiziert: 01.12.2022 um 10:47 Uhr
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Tränen des Glücks! Im letzten Februar erfüllte sich Priska Nufer einen Traum, sie gewann mit 30 Jahren ihr erstes Weltcuprennen.
Foto: imago images/NurPhoto
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Mathias GermannReporter Sport

In Priska Nufers Küche hängt eine Treichel. Eine «Trychel», wie sie sagt. Die Glocke löst in ihr spezielle Gefühle aus. «Sie erinnert mich daran, dass sich alles gelohnt hat – meine ganze Arbeit, der Schweiss, die Tränen, die Rehabilitationen. Nachdem ich sie gewonnen hatte, habe ich tagelang vor Freude geweint.» Der Hintergrund: Nufer feierte im letzten Februar, zwei Wochen nach ihrem 30. Geburtstag, in der Abfahrt von Crans-Montana VS ihren ersten Weltcupsieg – dafür gabs die Glocke.

Eine passendere Trophäe hätte es für Nufer nicht geben können, wuchs sie doch als Bauerntochter auf einem Hof bei Alpnach OW mit fünf Geschwistern auf – inmitten von Tieren. Dort half sie täglich mit, ihre grosse Liebe war aber das Skifahren. Zu jener Teenager-Zeit konnte Nufer nicht ahnen, wie steinig der Weg aufs oberste Podest werden würde. «Es gab Leute, die mich in den letzten Jahren fragten, warum ich das noch mache. Die meinten, ich solle doch aufhören.»

Solche Worte hörte Nufer auch dann, als sie zu den besten 30 Abfahrerinnen der Welt zählte – sie taten weh. Hat sie nun das Gefühl, ihren Kritikern das Maul gestopft zu haben? «Nein, ich freue mich einfach, dass ich meinen Traum erfüllen konnte.» Mittlerweile wird Nufer in der Abfahrtswertung auf Rang 7 geführt – sie ist mitten in der Weltelite angelangt.

Nufer verschwendete zu viel Energie

Doch wie schaffte es Nufer überhaupt an die Spitze? Um das herauszufinden, treffen wir sie für eine besondere Tour in ihrer Heimat. Nach der Fahrt mit der Gondelbahn Melchsee-Frutt gehts zuerst gemütlich zu Fuss zum Melchsee, danach etwas steiler der Boni-Felswand entlang – ganz in der Nähe lernte Nufer Skifahren. Schliesslich halten wir beim Fruttli-Steig, ziehen Helm und Gstältli. Unser Ziel: Der Gipfel des Bonistocks auf 2168 Metern. Dafür müssen wir eine senkrechte Wand besteigen.

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«Leider ging es mit meiner Karriere nicht immer so steil nach oben wie hier», sagt Nufer. Tatsächlich musste sie oft und zuweilen auch lange unten durch. Wegen verschiedener Verletzungen, klar. «Aber auch, weil ich lernen musste, einen gesunden Egoismus aufzubauen. Früher blickte ich nach links und rechts, kümmerte mich um andere. Mir war das Soziale immer sehr wichtig, schon als Kind. Da schauten wir zu den Tieren und zu jedem in der Familie. Im Ski-Zirkus musste ich lernen, mehr auf mich zu schauen. Ich habe eine Schale um mich herum aufgebaut. Heute verschwende ich nicht mehr so viel unnötige Energie, sondern weiss genau, was ich brauche.»

«Eine innere Freiheit»

Dann geht es los. Nufer kraxelt über Bügel und Stifte zur Felsterrasse. Man merkt sofort: Für sie ist der Steig ein Kinderspiel. Kein Wunder: Sie ist im Sommer mit ihrem Bruder, einem erfahrenen Berggänger, häufig auf sehr anspruchsvollen Routen unterwegs. «Klettern ist ein super Ausgleich vom Skifahren. Ich muss mich dabei oft überwinden, die Komfortzone verlassen und mir gewisse Dinge zutrauen. Das hilft mir auf den Ski immer wieder, auch heute noch», sagt sie.

Nach einer kurzen Pause klettern wir weiter, über eine Traverse, dann noch eine eine Eisenleiter hoch – kurz darauf ist der Bonistock erreicht. Nufers Blick schweift über die imposante Landschaft. Sie erinnert sich noch einmal an ihren grossen Sieg in Crans-Montana: «Dass ich bei einer Weltcup-Abfahrt die Beste war, gibt mir eine innere Freiheit. Ich habe etwas im Rucksack, dass mir niemand mehr nehmen kann.», sagt sie. Gleichzeitig hat der Erfolg ihr Appetit für die kommende Speed-Saison geweckt – Platz neben ihrer Trychel in der Küche wäre noch vorhanden.

Sven Thomann
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