Sie hat es versucht, immer und immer wieder. Nun ist Wendy Holdener am Ziel ihrer Träume, sie gewinnt erstmals einen Slalom. Keiner Fahrerin ist der Sieg mehr zu gönnen. Das sage ich nicht, weil ich eine Schweizer Ski-Brille auf der Nase trage. Es geht auch nicht darum, dass ich sie im Laufe der Jahre je länger, desto mehr kennenlernen durfte.
Nein, es geht um etwas anderes. Holdener hatte schlicht unglaubliches Pech, dass sie vor diesem goldenen Tag in Killington nie einen Slalom für sich entscheiden konnte. 15-mal war sie Zweite, 15-mal Dritte. Ein Negativ-Rekord, auf den sie immer wieder angesprochen wurde. Durch die Blume hiess es oft: «Sie ist halt die ewige Zweite.» Oder Zweite und Dritte in diesem Fall. Das bemerkte auch Holdener, die neben der Piste sehr sensibel sein kann. Doch sie klagte nie, sondern arbeitete weiter. Konsequent und ohne Kompromisse, dafür immer mit enormem Willen.
Akribie und Einsatzwillen zeichnen Holdener seit ihrer Kindheit aus. Ein Ski-Wunderkind wie Mikaela Shiffrin oder Petra Vlhova? Nein, das war Holdener nie. Was man aber nicht vergessen darf: Es ist auch ein Talent, nie aufzugeben, auch bei Niederlagen weiterzumachen, den Bettel nicht hinzuwerfen. Darum sage ich ganz ohne Scham: Wendy, herzliche Gratulation!