Im letzten Winter erlebte Sofia Goggia (29) eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Die italienische Speedspezialistin gewann im Dezember innert 17 Tagen fünf Rennen, schien bereit für das Saison-Highlight Olympia. Und verpasste dieses beinahe wegen eines üblen Sturzes Ende Januar in Cortina d'Ampezzo (It).
Diagnose: angerissenes Kreuzband im linken Knie. Eine ganze Nation bangte mit ihr, die Olympia-Teilnahme hing am seidenen Faden. Doch Goggia schaffte das schier Unmögliche, fuhr in Peking zu Abfahrtssilber. Und holte auch die Abfahrtskugel.
«Bin immer noch sprachlos»
«Es war eine verrückte Saison, mehr sogar: Es war die verrückteste Saison meines Lebens», blickt Sofia Goggia an einer Medienkonferenz zurück. Sie erinnert sich an den Sturz in Cortina, weiss noch, wie sie sich fühlte. «Ich konnte am Tag danach nicht einmal mehr gehen», meint sie. «Wie sollte ich es da zu den Olympischen Spielen schaffen?»
Ihr Arzt machte Hoffnungen auf ein Blitz-Comeback. Goggia setzte alles daran und wurde mit Silber belohnt. «Ich bin immer noch sprachlos, wie ich das geschafft habe. Ich bin praktisch nur noch auf einem Fuss gefahren», gibt sie zu. «Ich hatte zum ersten Mal in meiner Karriere Angst, denn ich war verletzt, war unsicher auf meinem Fuss – und musste eine Hochgeschwindigkeitsabfahrt meistern.» Wieso sie trotzdem alles riskierte, hat einen einfachen Grund: «Für mich sind die Olympischen Spiele alles.»
Trainings mit Paris
So ganz hat Goggia das Vertrauen in ihr Knie noch nicht wieder gefunden. Sie betont zwar, dass es kein Albtraum sei, aber nach wie vor rufe sie ab und zu ihren Arzt an, um ihr Knie untersuchen zu lassen. Die Tests bezeugen genügend Stabilität und er sage zu ihr: «Leg die Paranoia ab und geh!»
Gegangen ist Goggia im Hinblick auf den Winter neue Wege. Sie hat mit Landsmann Dominik Paris (33) trainiert. «Wenn du mit einem Mann trainierst, ist das immer eine grosse Herausforderung. Ich musste alles aus mir herausholen. Schlussendlich war es ein wirklich interessanter Vergleich und ich habe einen grossen Vorteil daraus gezogen.»
Wie gross der Vorteil ist, wird die neue Saison zeigen. (bir)