Auf der Piste bekämpften sie sich, daneben mögen sie sich: Wendy Holdener (29) und Mikaela Shiffrin (27). «Wir sind Freundinnen», sagt die Schweizerin. Der US-Star setzt einen obendrauf: «Wendy ist eine meiner besten Freundinnen.» Am Samstag zählen beide zu Anwärterinnen auf WM-Gold im Slalom.
Holdener hat in Méribel zwei Silbermedaillen gewonnen (Kombi und Parallel), Shiffrin einmal Gold (Riesenslalom) und einmal Silber (Super-G). Die beiden gönnen sich ihre Erfolge – nicht nur jetzt. «Als ich in diesem Winter in Killington und Sestriere meine ersten Slalom-Siege überhaupt holte, hat sich Mikaela mit mir gefreut – das ging mir nahe», so die Schwyzerin.
Holdener tröstete Shiffrin
Von ungefähr kamen die Gesten und Worte des US-Stars nicht. Denn: Shiffrin hat nicht vergessen, dass Holdener sie nach ihrem Olympia-Desaster in Peking (6 Starts, 0 Medaillen) lange getröstet hat. «Zu Beginn meiner Karriere war ich sehr ruhig, Wendy und ich standen uns nicht so nahe. Aber über die Jahre haben wir viel gesprochen. Über Herausforderungen, denen sie und ihre Familie begegnet sind. Aber auch über den Tod meines Vaters, der mich sehr mitgenommen hat. Solche Dinge verbinden.»
Doch wann begann eigentlich ihre Freundschaft? Vielleicht vor vier Jahren in einem Flugzeug von Slowenien nach Schweden. Damals organisierte Abfahrts-Ass Ilka Stuhec (32, Slo) einen Privatjet, um so schnell wie möglich vom Weltcup in Maribor zur WM nach Are zu gelangen. Mit dabei: Holdener, Shiffrin und Federica Brignone (32, It). «Es war richtig schön, mal drei bis vier Stunden aufeinander zu sitzen. So lange haben wir noch nie miteinander gesprochen», meinte Holdener damals. Heute sagt sie rückblickend: «Das war ein cooler Trip, jede hat eine andere Seite von sich gezeigt. Wir kamen uns näher.»
«Wendys Weg war härter»
Shiffrin lobt Holdener in höchsten Tönen – auch, weil ihr die Triumphe nicht in den Schoss fielen. «Wendy hat nicht den gleichen Weg wie ich gehabt. Ich würde sagen, ihr Weg war in verschiedenen Weisen härter. Sie musste viele Hürden überspringen, hat sich aber immer verbessert. Ich bewundere das sehr.» Dass sie das Ziel haben, sich im Rennen zu schlagen, sei kein Geheimnis, so die Amerikanerin. «Das verstecken wir nicht, wir sagen es ganz offen. Dies macht es für mich einfacher, Wendys Freundin zu sein.»
Holdener ist überzeugt, dass ihre Verbindung zu Shiffrin ihre Karriere überdauern wird. «Sollte ich mal Ferien in den USA machen oder sie in der Schweiz, wäre es cool, sich zu treffen und über die Gegenwart, aber auch über unsere Erlebnisse im Skirennsport zu reden.»
Eine fiese Frage vor dem Slalom
Zuerst folgt nun aber mit dem Slalom die Spezialdisziplin Holdeners und Shiffrins. Da stellt sich die Frage, ob Holdener, die sich oft sehr unter Druck setzt, wegen der gewonnenen Silbermedaillen lockerer als sonst ans Werk gehen kann? «Es ist sicher einfacher, als wenn ich nichts gewonnen hätte.» Nächste Frage: Würde Sie unterschreiben, wenn man ihr vor dem Rennen eine dritte Silbermedaille anbieten würde? Holdener muss lachen. «Das ist eine fiese Frage. Kein Kommentar. Ich brauche die Ausgangslage nach dem ersten Lauf, dann kann ich mehr sagen.»