Skirennen sind immer auch ein Tanz auf der Rasierklinge. Wer nicht volles Risiko geht, ist chancenlos. Tatsächlich? Nicht wirklich. Zumindest nicht in Bezug auf Lara Gut-Behrami (29). Die Tessinerin bewegt sich zwar wie alle anderen am Limit, stürzt aber praktisch nie. Genauer: Seit 60 Rennen nicht mehr.
Am 15. März 2018 erwischte es sie letztmals, beim Super-G in Are (Sd). Damals ging sie noch als unverheiratete Lara Gut an den Start. Ihr Ehemann Valon Behrami – sie heirateten im Sommer 2018 – sah seine Herzensdame also noch nie stürzen.
Frehsner: «Besser so, als abzustürzen»
Auf dem Innenski wegrutschen? Am Tor hängenbleiben? Bei einer Landung die Balance verlieren? Nein, solche Malheurs passieren Gut-Behrami praktisch nicht. Das ist mit ein Grund dafür, dass sie nach wie vor die Chance hat, den Gesamtweltcup zu gewinnen – Gut-Behrami liegt vier Rennen vor Schluss 96 Punkte hinter Petra Vlhova (Slk).
«Ich denke, dass Lara auf keinen Fall noch einmal stürzen will. Denn sie weiss, wie beschwerlich der Weg von einer Verletzung zurück sein kann», sagt Trainer-Legende Karl Frehsner. Er spricht damit Gut-Behramis Kreuzbandriss vom Februar 2017 an. Lange musste sie kämpfen, um den Anschluss wiederzufinden. «Sie nahm auf der Leiter zurück Sprosse für Sprosse. Das ist besser, als zwei auf einmal zu nehmen und abzustürzen», so Frehsner.
Wie Von Grünigen und Stenmark
Tatsächlich meinte Gut-Behrami schon im letzten Winter: «Ich will nicht nur einmal gewinnen und dann ist Schluss.» Der Erfolg gibt ihrer Planung recht. Gut-Behrami schaffte in diesem Winter den Turnaround, holte in Cortina zwei WM-Goldmedaillen, gewann im Weltcup fünf Rennen, sie hat die Super-G-Kristallkugel auf sicher und kämpft um den Gesamtweltcup.
Trotzdem fragt man sich: Wie ist es möglich, dass Gut-Behrami in den letzten 60 Rennen nie stürzte und insgesamt nur zweimal ausschied? SRF-Experte Didier Plaschy: «Lara hat ihre Werkzeugkiste im Laufe der Jahre so gefüllt, dass sie sie fast blind nutzen kann. Stenmark und Von Grünigen waren auch so. Lara weiss genau, wie viel Prozent Risiko sie nehmen muss.»