Lucas Braathen sorgt am Freitag vor dem Saisonstart in Sölden für einen Paukenschlag. Der 23-jährige Norweger, im Vorjahr Gewinner der kleinen Kristallkugel in der Slalom-Wertung, erklärt seinen sofortigen Rücktritt.
«Zum ersten Mal seit Jahren fühle ich mich frei. Jeder, der mich kennt, weiss, dass Freiheit eine meiner grössten Quellen für Erfolg und Freude ist», erklärt Braathen seinen überraschenden Entscheid in einer extra einberufenen Pressekonferenz. Im Ski-Zirkus zu bleiben, hätte in zu vielen Bereichen Verzichte verlangt: «Damit ich in diesem System weiterfahren kann, muss ich nicht nur meine Träume aufschieben. Ich musste auch meine Freude aufschieben. Ich bin nicht mehr bereit, das zu tun.»
Mit den Tränen kämpfend, betont Braathen, wie dankbar er für seine Laufbahn gewesen sei und wie viel ihm die Unterstützung seiner Fans jeweils bedeutete: «Ich bin so dankbar, für die Liebe, die ich seit ich hier bin gespürt habe. Und jedes Mal, wenn ich im Starthaus gestanden bin, habe ich alles gegeben, was ich habe, um diese Liebe zurückzuzahlen.»
Abrechnung mit dem norwegischen Skiverband
Seinen Teamkollegen habe er die Rücktritts-Entscheidung am Vorabend mitgeteilt. «Es war schwierig. Es war scheisse, aber es war auch schön. Ich habe nichts als Unterstützung bekommen.»
Anders ging Braathen beim norwegischen Verband (NSF) vor. Dem soll der Ski-Star den Rücktritts-Entscheid erst unmittelbar vor der offiziellen Verkündung mitgeteilt haben – per SMS! Denn zur Rücktrittsentscheidung hat auch ein Streit mit dem NSF beigetragen. Braathen modelte für die Modemarke J. Lindberg und stiess damit offenbar den NSF vor den Kopf, der von Helly Hansen ausgestattet wird.
Entsprechend unverfroren kritisiert Braathen den norwegischen Verband, von dem er sich «extrem provoziert» und «respektlos behandelt» gefühlt habe. Er habe zwar auch Fehler begangen, meint Braathen, und holt zum nächsten Seitenhieb gegen den Verband aus: «Es tut mir leid, dass ich mich auf das Niveau des norwegischen Skiverbands herabgelassen und sie so behandelt habe, wie sie uns behandeln.» Bei seinen Teamkollegen und Verbandssponsor Helly Hansen habe er sich für sein Verhalten entschuldigt.
Comeback? «Nur durch ein Wunder»
Die endgültige Entscheidung zum Rücktritt habe Braathen vor rund einem Monat getroffen. Ob er sich in Zukunft ein Comeback vorstellen könnte? Für Braathen ein schwer vorstellbares Szenario. Für eine Rückkehr in den Ski-Weltcup müssten sich viele Dinge verändern. «Wenn ich durch ein Wunder herausfinde, dass es eine Möglichkeit ist, müsste es eine ganz andere Welt sein, in die ich zurückkehre.»
Braathen hatte im vergangenen Winter trotz einer Blinddarm-Operation die kleine Kristallkugel als bester Slalomfahrer geholt. Er feierte zwei seiner fünf Weltcupsiege in der Schweiz: 2022 in Wengen und 2023 in Adelboden gewann er jeweils den Slalom. (SDA/dti)