Die Sensation ist greifbar. Lars Rösti gelingt bei der Abfahrt in Gröden bis zur Einfahrt in die berüchtigte Ciaslat ein Fabel-Lauf. 86 Hundertstel liegt der 26-jährige Berner Oberländer bei der vorletzten Zwischenzeit vor Superstar Marco Odermatt.
Dieser beginnt sich auf dem Leader-Thron gedanklich bereits mit dem zweiten Rang anzufreunden. Und Rösti meistert die ersten Wellen in dieser Passage, sehr gut. Doch bei der Ausfahrt begeht er einen schwerwiegenden Linienfehler.
«Weil ich in dieser Situation dermassen weit weg war, habe ich sogar ans Abschwingen gedacht», gibt der Junioren-Weltmeister von 2019 zu. Zum Glück mogelt sich Rösti dann doch noch ins nächste Tor. Für eine Spitzenplatzierung reicht es zwar nicht. Doch immerhin fährt der Stöckli-Pilot, welcher am Vortag mit dem achten Rang im Super-G überrascht hat, auf den zwölften Schlussrang. Und das ist gleichbedeutend mit Röstis bestem Weltcup-Ergebnis in der Königsdisziplin.
«Musste im konditionellen Bereich etwas ändern!»
Aber klar: Der begnadete Gleiter dürfte sich noch länger über die verpasste Chance ärgern. «Lars hat in der Ciaslat-Ausfahrt den Sieg weggeworfen. Die meisten anderen Athleten haben aufgrund des besseren Lichts in diesem Streckenabschnitt höchstens eine halbe Sekunde verloren, während Lars bei diesem Fehler über eineinhalb Sekunden liegenlässt», analysiert Beat Feuz. Marco Odermatt nimmt seinen Teamkollegen im Zielraum in den Arm und sagt danach zu Blick: «Lars hat in dieser Situation wahrscheinlich zu viel riskiert. Aber letztendlich braucht es genau diese Mentalität, um irgendwann Weltcuprennen gewinnen zu können!»
Und obwohl das ultimative Happy End (noch) ausgeblieben ist, haben die Gröden-Rennen gezeigt, dass sich Rösti enorm weiterentwickelt hat. Aufgrund von skitechnischen Mängeln und konditionellen Defiziten hat er nach seinem vielversprechenden Weltcupstart 2019 (Rang 15 beim Weltcupfinal in Soldeu) stagniert.
Unter Ski-Trainer Vitus Lüönd hat sich Lars nun aber technisch stark weiterentwickelt. Und dank Kondi-Coach Gabriel Gwerder sind die Ausdauer-Werte des 100 Kilo-Brockens so gut wie nie zuvor. «Als ich erstmals auf der brutal kräfteraubenden Abfahrt in Bormio gefahren bin, ist mir klar geworden, dass ich im konditionellen Bereich etwas ändern muss», gibt Rösti zu.
Die nächste Abfahrt wird am 28. Dezember in Bormio auf der Stelvio ausgetragen. Es spricht viel dafür, dass Lars Rösti mittlerweile alles mitbringt, um auch auf dieser Piste eine gute Rolle spielen zu können.