BLICK: Michelle Gisin, Sie leben in Italien und fahren die WM in Italien. Mögen Sie eigentlich Pizza?Wenn ich sie selber mache, schon.
Warum nur dann?
Ich habe eine Glutenunverträglichkeit. Darum benutze ich Dinkel- statt Weizenmehl, wenig Hefe und lasse den Teig lange aufgehen.
Wann haben Sie gemerkt, dass Ihnen Gluten nicht guttun?
Das ist eine lange Geschichte.
Erzählen Sie bitte.
2015 war ich mit meinem Freund Luca in Thailand in den Ferien. Einige Wochen nach unserer Rückkehr bekam ich Bauchschmerzen, Ausschläge und wunde Stellen im Mund. Ich brauchte ein Jahr lang, bis ich herausfand, dass Gluten das Problem war.
Was führte zu dieser Erkenntnis?
Ich las die Biografie von Novak Djokovic. Er beschrieb dort seine Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Nach den ersten drei Seiten sagte ich: «Genau das habe ich auch!»
Hatten die Ärzte das Problem nicht entdeckt?
Ich war nie bei einem, weil ich dachte, dass sich schon alles einpendeln würde. Dem war leider nicht so.
Wie ging es weiter?
Ich strich Produkte mit Gluten von meinem Speiseplan. Das ist gar nicht so einfach, wenn man mit dem Team ständig in Hotels isst. Aber es lohnte sich, es ging mir bald 100 Mal besser als zuvor. Nun weiss ich genau, was ich essen darf und was nicht.
Zurück zu Ihren Thailand-Ferien. Hatten diese einen Zusammenhang mit der Glutenunverträglichkeit?
Wahrscheinlich schon.
Inwiefern?
Ich erkrankte schon vor meiner Rückkehr am Denguefieber. Die Folgen waren starke Gliederschmerzen und sehr hohes Fieber. Danach ging es mit Bauchproblemen los. Ich gehe deshalb davon aus, dass meine Glutenintoleranz durch den Stress auf mein Immunsystem ausgelöst wurde.
Sie haben noch nie darüber gesprochen, dass Sie einmal Denguefieber hatten.
Stimmt. Aber wenn ich gefragt werde, gebe ich auch Auskunft (schmunzelt). Im Ernst: Es war eine harte Zeit für mich damals. Seither verstehe ich, warum Dengue auch Knochenbrecherkrankheit genannt wird – meine Glieder taten unglaublich weh.
Ihren Freund erwischte es nicht?
Nein, bei uns bin ich der Mückenmagnet!
Worauf achten Sie heute sonst noch beim Essen?
Ich kenne und verstehe die italienische Küche dank Luca mittlerweile sehr gut. Seither ernähre ich mich auch besser. Wir haben das grosse Glück, dass in der Umgebung von Riva del Garda, wo wir zwischen Mai und August wohnen, im Sommer fast alles wächst. So finden wir regionale Produkte bester Qualität, die keine langen Transportwege hinter sich haben.
Wie kochen Sie?
Weil die Rohstoffe so gut sind, müssen wir gar nicht komplizierte Menüs machen. Es sind also Dinge mit wenig Saucen und wenigen Verarbeitungsschritten. Das Pure ist etwas, das ich extrem schätze. Im Sommer ernähre ich mich fast nur von Salat, Tomaten und Mozzarella (schmunzelt). Und wovon auch immer Luca kocht. Ich bin verwöhnt mit einem so guten Koch.
Wie ist es mit Süssem?
Wenn, dann backe ich selber einen Kuchen. So kann ich genau steuern, was reinkommt. Und er ist nicht so süss wie der Gekaufte.
Wie viel Schoggi haben Sie in Cortina dabei?
Warum?
Sie erklärten mal, vor allem dann schwarze Schoggi zu essen, wenn sie frustriert sind.
Mein Schoggi-Konsum hängt nicht nur von meinen Resultaten ab. Ich esse auch Schoggi, wenn es gut läuft (schmunzelt).
Früher hiess es bei Spitzensportlern vor einem Wettkampf: Spaghetti, Spaghetti, Spaghetti!
Das war das Bild, welches man einst hatte. Ich bin ziemlich davon abgekommen. Heute sehe ich, wie viele wertvolle Kohlenhydrate beispielsweise Gemüse hat. Zusammen mit Ballaststoffen ist das perfekt. Im Winter esse ich viel Gemüse, am besten aus dem Steamer. Herrlich!
Vermissen Sie nicht auch mal ein Raclette?
Ich liebe Raclette! Und ich esse es zwischendurch auch, wenn ich zuhause bei meiner Familie in Engelberg bin. Generell gilt: An die Vielfalt des Schweizer Käses kommt nichts heran.
Sie holten Bronze in der Kombi. Was haben Sie zwischen den Läufen gegessen?
Wenn ich nervös bin, geht generell nicht viel rein. Vor und nach dem Slalom habe ich einige Gummibärli gegessen – ich habe immer welche dabei.
Konkret: Wie sieht ihr Menu an einem Renntag aus?
Zum Zmorge gibts immer Haferbrei mit Nüssen, Bananen oder Honig. Und dann schütte ich noch etwas Hanfpulver rein.
Hanfpulver?
Ich weiss, es klingt witzig. Aber mein Bruder Marc hat es mir ein Jahr lang empfohlen und es ist sensationell. Es hält lange hin – so bin ich gut genährt für den Tag. Danach gibt es höchstens noch einen Riegel, ein Shake oder ein von einer Bäckerin speziell für mich gemachtes Biberli. Und eben ein paar Gummibärli.
Fahren Sie aufs Podest, trinken Sie Champagner. War das immer so?
Ein paar Schlucke auf dem Podest, das muss einfach sein. Ich finde, man muss es auch geniessen, wenn es läuft. Denn das Rad dreht sich immer – vielleicht auch wieder in die andere Richtung.