Als Nina und Mauro Caviezel zur Festtafel schreiten, schwingen die Hochzeitsgäste ihre Servietten, singen und tanzen zum Lied «Sarà perché ti amo» («Warum ich dich liebe») von Ricchi e Poveri. Die Neuvermählten geben sich einen Kuss, es fliessen Tränen.
Weingut Tenuta Castello im malerischen Morcote TI. Letzter Samstag im Juli. Die Sonne scheint, der nahe Lago di Lugano glitzert. 90 Verwandte, Freunde und Bekannte sind gekommen, um mit Mauro (34) und Nina (28) deren grossen Tag zu feiern. Unter den Gästen des ehemaligen Skirennfahrers viele Freunde aus dem Skizirkus: Marco Odermatt mit Freundin Stella Parpan, Carlo Janka, Patrick Küng, Silvano Beltrametti, auch Swiss-Ski-CEO Diego Züger ist da. Schon am Vorabend wird gefeiert, mit den Eltern, Geschwistern und Trauzeugen des Paars.
Mauros bester Freund Odi nahm ein Bad im See
Am Morgen darauf nehmen Mauro und seine besten Freunde – auch Odi – erst ein Bad im See, dann machen sie eine Runde Morgensport. Ein erster Apéro, dann die freie Trauung. «Nervös war ich nicht. Doch als Nina in ihrem wunderschönen Kleid auf mich zukam, war ich sehr aufgewühlt. Es war emotionaler, als ich dachte», wird Mauro später sagen.
Als der DJ nach dem italienischen Festmahl einen Remix des Rap-Songs «All Eyez on Me» abspielt, legen die Frischvermählten ihren Hochzeitstanz hin – die Party ist lanciert! Als die Feier ausklingt, sind die Wolken wieder lila.
Gefunkt hat es im Spitalbett
Kennengelernt haben sich die beiden im Juni 2020 in einer Klinik in Rheinfelden AG. Mauro ist nach einer Operation seiner Achillessehne der Patient, Nina Bienz, gebürtige Aargauerin, seine Krankenschwester. Kurz zuvor ist beim Speed-Spezialisten im Konditionstraining die linke Achillessehne gerissen. Nach Mauros Spitalaufenthalt erlebt Nina dessen Achterbahnfahrt mit. Im Dezember 2020 feiert Mauro seinen ersten Weltcupsieg, einen Monat später stürzt er in einem Super-G-Training fürchterlich, erleidet ein Schädel-Hirn-Trauma. Doch der Bündner kämpft sich zurück – trotz Sehstörungen. Im November 2022 der nächste Rückschlag: Sturz beim Comeback in Lake Louise, wieder gravierende Hirnverletzungen. Im Januar gibt der Bündner in Wengen BE seinen Rücktritt bekannt.
«Es war eine Traumhochzeit, alles hat gepasst, wir hatten es lustig», sagt Caviezel rückblickend. Nina und er sitzen am Hotelpool, sie geniessen ihren Honeymoon auf Mallorca. Ein bisschen Gymnastik, joggen, sonst dolce far niente. «Die letzten Monate meiner Ski-Karriere waren eine schwere Zeit. Zum Glück hatte ich Nina an meiner Seite. Sie war und ist mir eine grosse Stütze. Für ihre grosse Liebe und Fürsorge bin ich ihr aus tiefstem Herzen dankbar.» Nina nimmt seine Hand: «Mauros Stärke macht mich stark. Wir haben unser Glück gefunden.»
Manchmal kommen die Bilder seiner Stürze wieder hoch. «Es tut mir in der Seele weh, diesen Sport nicht mehr ausüben zu können – doch es geht mir heute sehr, sehr gut!» Nina nickt. «Mauro ist ausgeglichen und zufrieden.» Mauro hat viel zu tun in seinem neuen Leben. Dieses Jahr steigt er bei der Brillenfirma Swissflex seines Vaters ein, er coacht seinen Bruder Gino, plant die Renovation ihres Hauses in der Bündner Herrschaft – nächstes Jahr ziehen die Caviezels ein. Zu zweit? Mauro schmunzelt. «Nachwuchs ist noch nicht geplant. Schön eins nach dem andern!»