Es sind beängstigende Momente, die Caviezel seit seiner vor zehn Monaten bei einem Trainings-Crash erlittenen Gehirnerschütterung erlebt. «Ich komme auf der Ski-Piste viel früher ans Limit und in den Stress als zuvor. Und wenn ich in die Hocke-Position gehe, sehe ich ab einem gewissen Blickwinkel Doppelbilder», gesteht der 33-Jährige. Logisch, dass in diesem Zustand ein Renneinsatz des Bündners viel zu gefährlich wäre.
Deshalb ist die Schweizer Abfahrt-Mannschaft gestern ohne Caviezel in Richtung Lake Louise (Kanada) abgeflogen, wo am letzten November-Wochenende die erste Weltcup-Abfahrt im Olympia-Winter ausgetragen werden soll.
Nur Caviezels Latten sind in Kanada
Die Ski des Super-G-Weltcupsiegers der Saison 2019/20 wurden trotzdem mit dem Flieger nach Nordamerika transferiert. «Ganz aufgegeben habe ich die Hoffnung noch nicht, dass ich für Lake Louise oder Beaver Creek doch noch fit werde», betont der Triumphator des letzten Weltcup-Super-G in Val d'Isère.
Doch der Optimismus flacht schnell ab. «Mein Zustand ist nun seit Monaten unverändert. Ich bin nicht naiv. Deshalb ist mir klar, dass meine Chancen auf ein baldiges Comeback sehr klein sind. Ich kann derzeit wirklich nicht seriös abschätzen, wann ich in den Weltcup-Zirkus zurückkehren werde.»
Zur Erinnerung: Marc Gisin hatte nach seiner schweren Gehirnerschütterung, die er sich im Dezember 2018 bei einem bösen Abflug bei den Kamelbuckeln in Val Gardena zugezogen hat, vergleichbare Probleme. Und der Bruder von Dominique und Michelle musste im vergangenen November einsehen, dass die Fortsetzung seiner Abfahrts-Laufbahn unter diesen Voraussetzungen unmöglich ist.
Mauro hofft auf drei Spezialisten
An einen Rücktritt denkt Caviezel aber noch lange nicht. Der ältere Bruder von Riesen-Spezialist Gino (29) glaubt, dass er seine Sehstörungen mit Hilfe von drei Top-Spezialisten in den Griff bekommen kann. «Ich bin derzeit regelmässig in Liechtenstein bei einem herausragenden Neurologen, fahre oft nach Zürich zu einem renommierten Sport-Optometristen, und in Stansstad habe ich einen genialen Manual-Therapeuten.»
Letzterer versucht derzeit vor allem, die Verspannungen in Mauros Nackenbereich zu lösen. «Es ist gut möglich, dass es hier einen Zusammenhang gibt und die visuellen Störungen verschwinden, sobald die Beschwerden beim Genick nachlassen.»