Sie sollten Spannung und Show bieten, sorgten aber regelmässig für rote Köpfe: Die Parallel-Rennen im Ski-Zirkus. Mittlerweile ist es ruhiger geworden. Warum? Weil die Disziplin kaum noch gefahren wird. Mittlerweile droht den Rennen mit dem K.o.-Format selbst der K.o.!

Die nackten Zahlen sagen viel aus. Gab es in der Saison 2018/19 noch je drei Events bei Frauen und Männern, bleibt es nun bei einem pro Geschlecht. Dazu der unbedeutende Team-Event beim Weltcupfinal. Eine Kristallkugel wird nicht mehr verteilt, bei weniger als zwei Rennen ist dies nicht möglich. Nun sieht es sogar danach aus, dass die einzigen Rennen in Lech (Ö) am 12. und 13. November ins Wasser fallen. «Wir brauchen zwei Tage mit Minustemperaturen, um genügend Schnee zu produzieren», sagt OK-Chef Philipp Zangerl. Die Wetterfrösche machen ihm wenig Mut – und da nützt ihm auch das Altschnee-Depot von 20’000 Kubikmeter nichts. «Mir tut es vor allem für die Leid, die seit Mai an diesem Event arbeiten», so Zangerl. Am Donnerstag wird die FIS eine Schneekontrolle durchführen – beim Start auf 1820 Meter über Meer ist die Wiese derzeit grün.

Schweizer Cracks sind skeptisch

Den Parallel-Rennen droht der schleichende Tod. Bei den Olympischen Spielen 2026 ist die Disziplin nur noch provisorisch aufgeführt. Und nachdem mehrere Schweizer Ski-Cracks – unter ihnen Marco Odermatt (25) – im letzten Winter die Parallel-Rennen mieden, gibt es auch im Lager der helvetischen Frauen vermehrt kritische Stimmen. «In diesem Leben fahre ich da wohl nicht mehr», sagte Michelle Gisin (28) unlängst.

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Auch Technik-Talent Camille Rast (23) spricht Klartext. «Wenn wir Frau gegen Frau fahren wollten, wären wir beim Skicross. Ich setze meinen Fokus anders in dieser Saison, konzentriere mich auf den Slalom und Riesenslalom.» Für die Walliserin steht fest, was falsch läuft: «Wir fahren Ski mit 30 Meter Radius, die Riesen-Tore haben aber zwischen 20 und 23 Meter Abstand. Das ist nicht so schön fürs Publikum.» Kommt dazu, dass sie Angst vor einer Verletzung hat. «Bei der WM in Cortina stürzte eine Fahrerin neben mir. Sie erwischte mich nicht, sonst hätte ich mich wohl dabei verletzt», so Rast.

Holdener spricht von «Chaos»

Auch Wendy Holdener (29) ist skeptisch. Ihr missfällt, wie sich die Disziplin entwickelt hat. Einst gab es Parallel-Slaloms, unter anderem mit City-Events. Dann wurden die Grossstädte plötzlich gemieden, dafür setzte man auf Parallel-Riesenslaloms wie heute. Kam dazu, dass das Reglement oft für Verwirrung sorgte und die Kurse unterschiedlich schnell und die Rennen aufgrund des maximalen Zeitrückstands von 0,5 Sekunden unfair waren. «Es gab keine klare Linie. Leider hat man ein Chaos veranstaltet, das ist wirklich schade», so Holdener.

Sie findet, man sollte wieder zu Parallel-Slaloms in den Städten zurückkehren. «Vielleicht macht man vier oder fünf innert kurzer Zeit, dazu eine eigene Wertung», sagt sie. Die ultimative Lösung, um die Parallel-Rennen zu retten, hat auch sie nicht. Dafür wurde vielleicht schon zu viel Geschirr zerschlagen.

Sven Thomann

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