Jacques Lüthy war Dritter bei Olympia und in Adelboden
Demenz-Drama um Schweizer Ski-Held

Am 10. Januar 1983 hat Jacques Lüthy in Adelboden einen seiner grössten Erfolge im Weltcup gefeiert. Jetzt leidet der Westschweizer unter derselben Krankheit wie Hollywood-Star Bruce Willis.
Publiziert: 13.01.2025 um 07:32 Uhr
|
Aktualisiert: 13.01.2025 um 14:41 Uhr
1/5
Bis heute gern gesehen in der Ski-Familie: Jacques Lüthy 2016 mit Marc Girardelli.
Foto: Sven Thomann/Blicksport

Auf einen Blick

  • Ski-Legende Jacques Lüthy leidet an Frontotemporaler Demenz, fährt aber weiterhin Ski
  • Lüthy war bekannt für seine Leistungen und seinen exzentrischen Lebensstil
  • Vor 42 Jahren belegte er den dritten Rang beim Dreifachsieg der Schweizer
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Jacques Lüthy (65) war in seiner sportlichen Blütezeit die alpine Ski-Antwort auf Keith Richards. Wie der Gitarrist der Rolling Stones wandelte der Riesen- und Slalomspezialist aus Charmey im Kanton Freiburg ständig zwischen Genie und Wahnsinn.

«Jacques ist uns im Training regelmässig um die Ohren gefahren, obwohl er die Schnallen seiner Skischuhe nicht geschlossen hatte», erzählt Lüthys langjähriger Nationalmannschafts-Kollege Peter Aellig (68, Zehnter im WM-Slalom 1978), welcher am Fusse vom Chuenisbärgli knapp 100 Meter vom Zielraum entfernt einen Landwirtschaftsbetrieb führt.

Sein Kumpel Lüthy hat vor 42 Jahren am Chuenisbärgli ein besonderes Kapitel Ski-Geschichte mitgeschrieben, als er im Riesenslalom hinter den beiden Oberwallisern Pirmin Zurbriggen und Max Julen den dritten Rang belegte. Es ist bis heute der einzige Dreifachsieg, den die Schweizer Männer bei einem Weltcup-Riesen feiern konnte. Zudem ist der als Party-König bekannte Lüthy bislang der einzige Freiburger, welcher bei Olympischen Spielen eine Alpin-Medaille gewinnen konnte – in Lake Placid 1980 sicherte er sich Bronze hinter dem Super-Schweden Ingemar Stenmark und US-Star Phil Mahre.

Schock-Diagnose mit 61 Jahren

Anlässlich des 40. Jahrestags seiner olympischen Heldentat in Amerika ist Lüthys Frau Anne erstmals aufgefallen, dass mit ihrem geliebten Mann irgendetwas nicht stimmt: «Im Interview mit Radio Fribourg hat er die Fragen des Journalisten ganz merkwürdig beantwortet.»

Weil es in Lüthys Familie schon einen Demenz-Fall gegeben hatte, war man vorgewarnt. «Auch wenn er Dinge aufschreiben musste, kamen dabei manchmal komische Sachen raus», sagt Anne. Sie war alarmiert, obwohl Jacques stets beteuerte, es sei alles in Ordnung. Doch 2021 war nach einer neurologischen Untersuchung klar, dass beim einstigen Ski-Helden nichts mehr in Ordnung ist – Lüthy hat die Diagnose Frontotemporale Demenz erhalten. Dieselbe Krankheit, unter der auch US-Schauspieler Bruce Willis leidet. Dabei handelt es sich um eine neurodegenerative Erkrankung, bei der Nervenzellen im vorderen Teil des Gehirns absterben. Die Erkrankung ist nicht heilbar. Viele Patienten leiden an Sprachstörungen.

«Er fährt immer noch schnell Ski!»

«Die Erkrankung war zuerst schleichend. Als dann die Diagnose feststand, war das schon ein Schock», sagt Anne Lüthy. «Aber Jacques war immer ein positiver Mensch, das ist er auch heute noch. Er geht viel allein spazieren, spielt mit den Enkelkindern. Er hat die Lebensfreude nicht verloren. Auch wenn er natürlich im Alltag auf viel Hilfe angewiesen ist.» 

An seine Erfolge könne er sich aber noch gut erinnern, erzählt Anne. «Er schaut sich gerne alte Fotos und Zeitungsartikel an.» Und auch das Skifahren hat er nicht verlernt. «Wir gehen oft zusammen auf die Piste.» Meistens in Charmey, gleich vor der Haustür. «Alles andere wäre zu riskant. Er fährt immer noch so schnell, dass ich nicht hinterherkomme. In einem grossen Skigebiet würde ich ihn wohl ziemlich schnell aus den Augen verlieren», erzählt sie lachend.

Auch sie hat die Lebensfreude trotz der grossen Aufgabe, die sie mit Jacques Lüthy hat, nicht verloren. «Wir versuchen uns nicht zu viele Gedanken zu machen. Wir nehmen Tag für Tag und geniessen die schönen Momente zusammen.» 

Rennfahrer-Kollege erinnert sich an Lüthys «Raucherstübli»

Dass der mittlerweile 65-jährige Jacques Lüthy sein Leben immer in vollen Zügen genossen hat, kann auch die Churer Abfahrts-Legende Dani Mahrer (63, Kitzbühel-Sieger 1989) bestätigen. «Während eines Weltcup-Aufenthalts im kanadischen Whistler Mountain habe ich mir ein Doppelzimmer mit Gusti Oehrli geteilt. Aus dem Nachbarzimmer ist ständig Zigarettenrauch zu uns herübergedrungen. Gusti und ich haben uns immer gefragt, wer dieser Kettenraucher im Zimmer nebenan sein könnte. Am Ende der Woche sah ich dann zufällig, wie Jacques Lüthy und sein Walliser Kumpel Joel Gaspoz aus diesem ‹Raucherstübli› hinauskamen.»

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?