Es ist Halbzeit im Ski-Kalender. Grund genug für eine Slalom-Zwischenbilanz. Sie fällt aus Schweizer Sicht durchwegs positiv aus – vor allem für Wendy Holdener (31) und Camille Rast (25).
Die Schwyzerin wurde zweimal Zweite, zuletzt in Kranjska Gora (Sln). Rast feierte als Dritte in Gurgl (Ö) ihren ersten Karrierepodestplatz und liess danach in Killington (USA) gleich den ersten Sieg folgen. Geht es so weiter, haben beide gute Chancen auf den Gewinn der Slalomkristallkugel – oder auf WM-Gold im Februar.
Aber: Was macht Holdener und Rast so stark? Es sind verschiedene Puzzlesteine, die zu einem schönen Gesamtbild führen. Im Fall der beiden helvetischen Slalom-Künstlerinnen gibt es eine Gemeinsamkeit, die ihnen Flügel verlieh. Sie beide trainierten mit zwei der besten Techniker der Welt – Holdener mit Henrik Kristoffersen (30) und Rast mit Lucas Pinheiro Braathen (24).
«Du misst dich mit einem Mann, das ist anders»
«Es war sehr cool. Henrik steht enorm stabil auf den Ski, wie er ausbalanciert, ist beeindruckend. Und Bewegungen in die Höhe hat er gar nicht. Da habe ich schon versucht, etwas von ihm abzuschauen», erzählt Holdener. Wie die besondere Einheit mit dem norwegischen Weltmeister in Riesenslalom (2019) und Slalom (2023) zustande kam?
Holdeners neuer Coach, der Walliser Jörg Roten, ist Kristoffersens Ex-Trainer. Vor dem Slalom in Gurgl im November liess er seine Kontakte spielen – prompt klappte es. «Du misst dich auf einmal mit einem Mann, das ist anders. Für einmal konnte ich nicht vorne mitmischen, sondern musste auf dem gleichen Kurs Zeit aufholen. Das war extrem spannend und hat mir viel gebracht», erzählt Holdener.
Und wie hat sie den impulsiven Ski-Elch, der immer wieder mal für rote Köpfe sorgt, erlebt? «Es ist spannend, jemanden persönlich kennenzulernen. Ich habe auch einige Fragen gestellt. Und er hat mich nicht gefressen», erzählt sie mit einem Augenzwinkern.
Aha-Effekt dank Pinheiro Braathen
Auch im Fall von Rast stand ein Coach am Ursprung des besonderen Trainings: Denis Wicki. «Es war noch im letzten Winter, vor den Rennen in Jasna Ende Januar. Braathen testete alleine auf der Reiteralm mit Atomic, er war ja auf dem Weg zurück in den Weltcup. Wir konnten uns anschliessen», erzählt Wicki. Er bezeichnet die Einheit mit dem nun für Brasilien startenden gebürtigen Norweger als Wendepunkt in Rasts Karriere. «Gleiche Kurssetzung, gleiche Läufe, alles gleich. Da sieht man: Genau so muss man es tun. Es war ein Aha-Erlebnis.»
Rast formuliert es vorsichtiger, im Ton aber ähnlich. «Du siehst mit deinen eigenen Augen, was er besser macht. Auch seine Körpersprache war interessant. Das gab schon einen Impuls», so die Walliserin.
Ob die Trainings mit Kristoffersen und Pinheiro Braathen für das Schweizer Super-Duo am Ursprung etwas ganz Grosses stehen wird, werden die kommenden Monate zeigen. Zuzutrauen ist ihnen jetzt alles.