Nein, überraschend ist dieser Rücktritt nicht. Schon vor zwei Wochen sagte Marc Gisin zu BLICK: «Es gibt im Training immer wieder gefährliche Situationen, in denen ich meine Ski zu wenig gut spüre. Bekomme ich das nicht bis zur ersten Abfahrt in Val-d’Isère in den Griff, hör ich auf.»
Letzte Woche keimte beim 32-Jährigen im Trainingscamp in Cervinia (It) kurzfristig noch einmal Hoffnung auf. «Obwohl wir dort Geschwindigkeiten von über 140 km/h erreichten, fühlte ich mich erstmals seit meinem schweren Sturz vor zwei Jahren in Val Gardena wieder so richtig wohl auf den Abfahrt-Ski.» Dummerweise hat die Zeitmessung Gisins gutes Gefühl nicht unterstrichen: «Ich habe viel zu viel Zeit auf meine Teamkollegen verloren. Deshalb ziehe ich jetzt einen Schlussstrich.»
Beste Ergebnisse auf der wohl schwierigsten Abfahrts-Strecke
Wie weiter? «Ich habe bereits im September mit einem Studium für Wirtschaftspsychologie angefangen. Was ich daneben sonst noch tun werde, ist derzeit aber offen.»
Obwohl ihm ein Happy End als Rennfahrer verwehrt geblieben ist, will der Bruder von Dominique und Michelle nicht jammern: «Ich habe zwar nicht das Gefühl, dass ich in meiner Karriere mein volles Potenzial abrufen konnte. Aber es gibt Athleten, die wegen Verletzungen ihren Traum einer erfolgreichen Laufbahn viel früher beenden mussten als ich.»
Sein gigantisches Potenzial hat Gisin vor allem auf der schwierigsten Abfahrt der Welt angedeutet. Nachdem der Engelberger 2015 in Kitzbühel ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte, wurde er 2016 und 2018 bei der Abfahrt auf der Streif jeweils Fünfter.