Ist alles anders? Oder doch ähnlich? Lara Gut-Behrami (32) sitzt im Foyer des Hotels Cervus in St. Moritz GR. So wie vor 357 Tagen. Damals, im Dezember 2022, hatte sie vor den Rennen im Engadin einen Saisonsieg im Rucksack. Das Gespräch drehte sich aber nicht darum, sondern um ihre Altersbeschwerden. «Ich merke, dass es nicht einfacher wird. Ich habe Mühe beim Autofahren, kriege immer Rückenweh. Und ich brauche viel mehr Physiotherapie als früher. Ich spüre ein wenig das Alter.»
Und heute? Da liest sich Gut-Behramis Saisonstatistik so, als hätten sich alle Probleme in Luft aufgelöst: Vier Rennen, zwei Siege, ein zweiter und ein fünfter Platz. Doch dem ist nicht so. «Es wird nicht leichter. Aber ich muss auch nicht jedes Mal erzählen, dass ich 32 bin und dass das Reisen nicht leicht ist.» Sie wolle nicht, dass dies immer wieder eine Thematik werde.
Fakt ist so oder so: Gut-Behrami ist super drauf. Und das vor den ersten zwei Super-Gs des Winters – also ihrer besten Disziplin überhaupt. «Es ist schön, dass es momentan so läuft. Ich versuche, diese Lockerheit mitzunehmen», sagt sie.
Tatsächlich spielte Gut-Behrami zuletzt ihre Klasse und Finesse auf den Ski aus. Nach ihrem zweiten Platz am Sonntag beim Riesenslalom in Mont-Tremblant (Ka) liess sie aber auch Dampf ab. Kein Wunder, musste sie sich doch durch einen Schneesturm kämpfen. «Es war ein Witz und lächerlich, ein solches Rennen zu fahren. Einfach verrückt», polterte sie. Dieser Meinung ist sie auch drei Tage später. «Ich bin ja nicht die Einzige, die so denkt.» Sie ergänzt: «Wenn ein Rennen nicht fair ist, ist es mühsam. Aber wenn es gefährlich ist – nein, das brauchen wir nicht.»
Sie ist schnell – egal wo, wie und wann
Dazu muss man wissen: Gut-Behrami trainiert seit Jahren nicht mehr bei so schlechten Bedingungen. Das Risiko, sich schwer zu verletzen, geht sie nicht ein. Umso mehr erstaunt es, wie stark sie am Sonntag trotzdem fuhr. Vor allem, wenn sie ergänzt, dass sie «im Mittelteil überhaupt kein Risiko» und eine «runde Linie» gefahren sei.
Ihre Erklärung: «Ich fahre lieber bei schönem Wetter, hartem Gelände mit Eis. Aber mittlerweile komme ich praktisch in allen Situationen gut zurecht – dafür fahre ich seit 15 Jahren.»
Und wie hat Gut-Behrami den Reisestress und den Jetlag überstanden? Sie erklärt, dass sie keine Medikamente zum Schlafen nehme, sondern versuche, mit Schlaf und guter Ernährung dem Defizit entgegenzuwirken. «Aber die Situation ist nicht ideal, wir sind erst vor 48 Stunden gelandet.»
Dann nennt sie ihr Rezept: «So viel wie möglich heimzugehen.» Genau das machte sie, auch wenn die Zeit mit Ehemann und Ex-Nati-Kicker Valon Behrami (38) extrem kurz gewesen sei.
Gut-Behrami will keine Werbung machen
Als Gut-Behrami zum Schluss auf ihre besondere Beziehung zu St. Moritz angesprochen wird – hier fuhr sie 2008 erstmals aufs Podest, hier gewann sie im selben Jahr erstmals – sagt sie: «Ich bin auch dreimal ins Netz geflogen und habe mir das Kreuzband gerissen. Es ist ein schönes Heimrennen, mehr aber auch nicht.»