Auf einen Blick
- Franjo von Allmen gewinnt WM-Abfahrt, Alexis Monney holt Bronze
- Franz Heinzer, ehemaliger Weltmeister, trainierte beide Medaillengewinner im Europacup
- Von Allmen ist der 13. Schweizer Abfahrts-Weltmeister in der Geschichte
Swiss-Ski-CEO Walter Reusser absolviert während der WM-Abfahrt innerhalb von acht Minuten in emotionaler Hinsicht die heftigste Achterbahnfahrt seines Lebens. Als Bormio-Triumphator Alexis Monney (25) mit Startnummer 8 klar die Führung übernimmt, ist der Verbandsboss im Hoch: «Diese Fahrt wird nicht zu toppen sein, Alexis wird Gold gewinnen!»
Kaum hat Reusser diesen Satz ausgesprochen, kommt der Tiefschlag – Österreichs Vincent Kriechmayr ist einen Wimpernschlag schneller als der Freiburger. Landet die wichtigste Medaille bei dieser WM tatsächlich bei unseren Erzrivalen? Nein!
Nach der Fahrt von Franjo von Allmen mit der Nummer 11 regiert im Schweizer Lager wieder die Überschwänglichkeit. Der 23-Jährige, der im Weltcup noch keine Abfahrt gewinnen konnte (drei zweite Ränge, Sieger vom Lauberhorn-Super-G), sichert sich in sensationeller Manier den WM-Titel in der Königsdisziplin.
«Das hat sich richtig scheisse angefühlt!»
Der Berner ist der 13. Schweizer, der diese Krone tragen darf. «Abfahrts-Weltmeister von Allmen tönt zwar richtig geil, aber es hört sich für mich noch wie ein Fremdwort an», gibt unser Shootingstar zu. «Meine Fahrt hat sich nicht gut angefühlt. Ich hatte ein paar grobe Wackler. Aber es ist in diesem Sport ja oft so, dass sich etwas, was sich richtig scheisse anfühlt, richtig schnell ist», meint der gelernte Zimmermann augenzwinkernd.
Eine gröbere Unsicherheit beinhaltet auch der Lauf von Franjos Zimmerkollegen Monney. «Die Traverse habe ich gar nicht gut erwischt. Aber weil ich zum Glück sensationell schnelle Ski an den Füssen hatte, darf ich mich trotzdem über Bronze freuen.»
Zur Erinnerung: Als 1991 erstmals eine WM in Saalbach stattfand, sicherten sich die Schweizer dank Franz Heinzer und Dani Mahrer ebenfalls Gold und Bronze. Die besondere Pointe: Heinzer gilt als Chef von unserer Europacup-Mannschaft als wichtigster Lehrmeister von Monney und von Allmen. «Wir haben Franz Heinzer extrem viel zu verdanken», sagt Monney und liefert ein Beispiel: «2021 ist Franz erstmals mit uns ins Training nach Saalbach gefahren. Er wollte, dass wir die Strecke im Hinblick auf die WM kennenlernen. Ich habe zwar damals nicht daran geglaubt, dass ich bei dieser WM starten kann. Aber Franz war davon überzeugt, dass mindestens einer von uns dabei sein wird.» Jetzt stehen sogar beide auf dem Podest.
Der Schocker im November 2022
Während seine beiden Musterschüler in Österreich die Medaillen in Empfang nehmen, weilt Heinzer wegen Europacuprennen in Crans-Montana. Im Wallis erinnert sich Heinzer an einen unschönen Moment in der Biografie vom neuen Abfahrts-König: «Im November 2022 hatte Franjo unweit von hier in Zinal einen fürchterlichen Abflug mit einer höchst unsanften Landung auf dem Brustkorb. Jeder, der diesen Sturz gesehen hat, war sich sicher, dass er für lange Zeit keine Rennen mehr bestreiten würde. Aber weil Franjo schon damals in einer besonders starken körperlichen Verfassung war, hat er nach diesem heftigen Zwischenfall ein kleines Wunder vollbracht.»
Heinzer wird konkret: «Wir mussten Franjo 2022/23 regelrecht durchseuchen, er musste jeden Tag ordentlich Schmerztabletten schlucken. Trotzdem hat er sich am Ende dieser Saison mit dem zweiten Rang in der Europacup-Gesamtwertung einen Fixplatz für den Weltcup gesichert.»
Der begnadete Talentförderer aus dem Kanton Schwyz macht deutlich, «dass Franjo in technischer Hinsicht nie der Stärkste war. Dafür versteht er es wie kaum ein anderer, die Ski kompromisslos laufen zu lassen.»
«Einer der besten Techniker, die ich jemals gesehen habe»
Mit einer richtig feinen Klinge geht dafür Bronze-Held Monney auf der Abfahrtspiste zu Werke. «Alexis gehört im Speed-Bereich zu den besten Technikern, die ich jemals gesehen habe», schwärmt Heinzer. Eine unschöne Geschichte hat der 62-jährige Abfahrts-Altmeister vor vier Jahren aber auch mit Monney erlebt. «Alexis hat sich bei einem Rennen im italienischen Sella Nevea den Wangenknochen gebrochen. Dummerweise hatte die Ambulanz, die ihn ins Krankenhaus transportieren sollte, eine Panne.»
Nach dem heroischen Auftritt bei der WM-Abfahrt kommt Monney im unweit vom Zielraum platzierten Swiss-Ski-Stübli nicht nur in den Genuss von feinsten Speisen, sondern auch von edlem Champagner. «Ich werde Party machen, bis ich zu Boden gehe», kündigt von Allmen an. Und Lehrmeister Heinzer? Der trinkt im Wallis ein Glas Fendant auf seine erfolgreichen Schützlinge.