Ex-Speed-Queen Lindsey Vonn (38) leidet seit Jahren – nun packt sie aus
«Ich wurde meine Schlafstörungen nie los»

Für viele ist sie die beste Abfahrerin der Geschichte: Lindsey Vonn. Drei Jahre nach ihrem Rücktritt berichtet sie über ihre Schlafprobleme, spricht über ihre Knie-Operationen und verrät, dass sie gerne Mami würde.
Publiziert: 27.09.2023 um 00:14 Uhr
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Aktualisiert: 27.09.2023 um 10:05 Uhr
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Lindsey Vonn zahlt einen hohen Preis für ihre Karriere: Ihre Knie sind kaputt. Bald folgt die nächste Operation.
Foto: keystone-sda.ch
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Mathias GermannReporter Sport

Sie ist die einzige ehemalige Skirennfahrerin, die auch nach ihrem Rücktritt regelmässig für Schlagzeilen sorgt: Lindsey Vonn (38, USA). Die 82-fache Weltcupsiegerin lebt auch abseits des Schnees ein Leben auf der Überholspur. So liess sie von Schauspieler Dwayne «The Rock» Johnson die Muskeln trimmen, war Gastgeberin einer Hunde-Show auf Amazon («The Pack») und gab eine Biografie heraus («Rise: My Story»).

Im letzten Jahr donnerte Vonn in einer gross angelegten Werbeaktion über Teile der Streif in Kitzbühel. Liebäugelt sie etwa mit einem Comeback? «Die Leidenschaft dafür hätte ich, aber physisch wäre es nicht mehr möglich. Ich bin zu alt», sagt sie im Gespräch mit Blick. Tatsächlich sind vor allem ihre Knie von der langen Karriere arg in Mitleidenschaft gezogen worden.

Blick: Lindsey Vonn, was vermissen Sie von Ihrem früheren Leben?
Lindsey Vonn: Das Adrenalin, den Speed. Die Herausforderung am Berg und im Kondi-Raum. Meine Teamkolleginnen und Trainer, alle Freunde aus dem Ski-Zirkus. Ich habe 20 Jahre in dieser Blase gelebt – da gibt es viele Verbindungen.

Seit Ihrem Rücktritt lagen Sie regelmässig auf dem OP-Tisch. Wie gehts?
Vor allem die Knie machen Probleme. Ich habe viele Jahre meinen Körper gequält, das rächt sich nun. Aber es war den Preis wert, ich bereue nichts.

Schon bald steht die dritte Knie-Operation in drei Jahren auf Ihrer Agenda.
Ich erhalte ein künstliches Kniegelenk. Vor einigen Wochen liess ich mein Knie von Dr. Hackett in einer Klinik in Colorado reinigen, er entfernte Knochensporne und Narbengewebe. Es war eine Vorbereitung auf die kommende Operation, die hoffentlich meine Schmerzen lindern wird.

Werden Sie auch künftig noch Skifahren können?
Das hoffe ich doch.

Mit Ihren Kindern?
Ich hätte gerne Kinder. Und klar, es wäre wunderschön, das auf dem Schnee mit ihnen zu erleben.

Vor zehn Jahren begann Ihre Leidensgeschichte bei der WM in Schladming. Sie stürzten schwer und rissen sich das Kreuz- und Innenband im rechten Knie.
Ich mag keine Schmerzmittel und verzichte auf sie. Das war keine einfache Entscheidung, denn mein Bein tat sehr weh. Zu dieser Zeit begannen auch meine Schlafprobleme.

Weil das Bein zu fest wehtat?
Auch, ja.

Was war noch?
Ich bekam es mit der Angst zu tun.

Angst wovor?
Als Spitzensportlerin war mir bewusst, wie wichtig Schlaf ist. Wie sollte ich am nächsten Tag eine Abfahrt bestreiten, ohne wirklich ausgeruht zu sein? Diese Angst setzte sich fest und führte, gemeinsam mit den Schmerzen, zu einer Negativspirale. Das Ganze wurde in den darauffolgenden Jahren schlimmer, ich wurde es nie los. Und nach der Karriere ändert sich nichts daran, im Gegenteil.

Weshalb? Der Druck des Gewinnenmüssens fiel doch weg.
Die Schmerzen blieben aber. Und weil ich physisch nicht mehr so viel gemacht habe, war ich abends im Vergleich zu meiner Zeit als Athletin weniger müde.

Sie nehmen seit einem Jahr Medikamente gegen Schlafprobleme und machen Werbung dafür.
Ich empfehle jedem und jeder, der seine Schlafschwierigkeiten nicht selbst beheben kann, keine Hemmungen zu haben und einen Arzt zu konsultieren. Denn das ist nach wie vor ein Tabuthema. Wie die Lösung des Problems dann aussieht, kann ganz verschieden sein.

Wäre es nicht besser, das alles ohne Medikamente zu tun?
Glauben Sie mir, ich habe alles versucht. Kräutertee, Schlafhormone, kein TV und Zucker am Abend – all diese Dinge. Ich dachte immer, dass ich es alleine schaffe. In einer perfekten Welt hätte ich es auch geschafft, aber meine Welt war nicht perfekt.

Es gelang Ihnen nicht.
Mein Vater hatte mir als Jugendliche immer gesagt: «Ski-Legende Jean-Claude Killy hat immer zehn Stunden geschlafen. Das musst du auch tun.»

Sie hätten schon vor zehn Jahren zu einem Arzt gehen können, oder?
Das hätte ich auch tun sollen. Allerdings ist es wegen der Doping-Listen nicht möglich, als Sportlerin jedes Produkt einzunehmen.

Denken Sie, dass Schlafprobleme im Ski-Zirkus verbreitet sind?
Ich bin davon überzeugt, denn der Lebensstil als Skirennfahrerin mit den vielen Reisen, Verletzungen und dem Erfolgsdruck ist riesig. Letztlich ist es aber so, dass niemand darüber spricht, weil man es als Schwäche auslegen könnte. Dabei ist dies Blödsinn.

Sie reden auch erst jetzt, viele Jahre später, darüber.
Ich nehme mich da auch nicht raus. 2012 habe ich offen über meine Depressionen erzählt, weil ich es wichtig fand. Und nun erst merke ich, dass ich bereit bin, ein weiteres Problem offenzulegen. Ich hoffe, dass dadurch andere ermutigt werden, sich ebenfalls Hilfe zu holen. Wir müssen ganz generell offener und empathischer werden – Menschen sind keine Maschinen.

Zurück zu Ihrer Karriere. Wie haben Sie es geschafft, trotz Schlafstörungen immer wieder Rennen zu gewinnen?
Es klingt verrückt, aber ich habe früh am Morgen ein Workout, also ein intensives Kondi-Training, gemacht.

Aber Sie waren doch todmüde?
Genau darum. Ich musste mich wecken, um zu gewinnen.

Wie fühlen Sie sich nach diesem Gespräch?
Weiterhin voller Energie. Oder sehe ich müde aus?

Nein. Aber Sie sind auch geschminkt.
Stimmt (lacht)! Aber ich fühle mich wirklich sehr gut, im Vergleich zu früher ist es wie Tag und Nacht. Ich bin extrem erleichtert und bereit für einen neuen Lebensabschnitt – bald mit einem neuen Knie.

Vonn brettert die Streif mitten in der Nacht hinunter
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«Ein Traum ist wahr geworden»:Vonn brettert die Streif mitten in der Nacht hinunter
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