Grün, die Farbe der Hoffnung. Sie leuchtet Wendy Holdener (29) entgegen, als sie im Zielraum von Killington (USA) abschwingt. 1:42,97 Minuten hat sie für ihre zwei Läufe gebraucht – genau gleich lang wie die Schwedin Anna Swenn-Larsson (31, Sd). Holdener jubelt, streckt die Arme in den Himmel. Doch ausflippen? Nein, das tut die Schwyzerin nicht. Noch nicht.
Holdener weiss, oben steht noch eine Athletin. Ihr Name: Mikaela Shiffrin (27, USA), die vielleicht beste Skirennfahrerin der Geschichte. Oft hat sie Holdener schon den sicher geglaubten Sieg vermasselt. Shiffrins Slalom-Bilanz bei ihrem Heimspiel im Bundesstaat Vermont ist bis zu diesem Zeitpunkt makellos: Fünf Teilnahmen, fünf Siege. Doch Nummer sechs folgt nicht, auf der aufgeweichten Piste wirkt Shiffrin verunsichert. Vielleicht ist es auch der Erfolgsdruck, der nach ihren zwei Slalom-Siegen zum Saisonstart zu schaffen macht. Im Ziel ist sie Fünfte, nur Fünfte.
Und Holdener darf jubeln. Im 106. Anlauf gewinnt sie erstmals einen Weltcup-Slalom. «Ich habe alles gegeben. Als ich sah, dass ich Erste war, war dies eine Erlösung. Und es ist perfekt, dass ich diesen Erfolg mit Anna teilen kann», sagt sie. Tatsächlich feiert Swenn-Larsson ebenfalls eine Premiere – sie gewinnt ihr erstes Weltcuprennen überhaupt.
Technik-Umstellung hat gefruchtet
Eine Sensation ist Holdeners Sieg natürlich nicht. Vor einer Woche wurde sie in Levi (Fi) Fünfte und Zweite. Sie bewies, dass ihre Anpassung des Sommers, höher zu stehen und die Ski schmaler zu führen, das entscheidende Puzzlesteinchen auf dem Weg zum lang ersehnten Sieg sein könnte. Nun hat sie den endgültigen Beweis dafür.
So schön der Erfolg Holdeners für die Ski-Schweiz auch ist: Man darf nicht vergessen, dass ohne sie in Killington ein Debakel gedroht hätte. Klar, die Ränge 17 von Mélanie Meillard und 20 von Elena Stoffel sind in Ordnung. Was aber Camille Rast (23.) und Michelle Gisin (26.) zeigen, gibt Anlass zur Sorge. Die beiden haben nach ihrem Wechsel zu Salomon offensichtliche Probleme mit der Abstimmung – ob diese schnell gelöst werden können, ist fraglich.
Dennoch überstrahlt am Ende Holdeners Erfolg alles. Zu Recht.