Freudentage für Marco Kohler (25): Der Meiringer steht erstmals in seiner Karriere auf dem Europacup-Podest. In der Abfahrt von Sella Nevea (I) wird er Dritter, 15 Hundertstelsekunden fehlen auf den Sieg. Tags darauf doppelt er nach. Wird gleichenorts Zweiter in der Abfahrt – 0,20 Sekunden hinter dem Sieg.
Es ist die Erlösung nach einem langen Leidensweg. Während am Samstag in Wengen die längste Abfahrt im Weltcup ansteht, jährt sich für Kohler gleichzeitig auch der schlimmste Tag seines Lebens zum dritten Mal. Am 14. Januar 2020 nimmt das vielversprechende Ski-Talent das Training am Lauberhorn als Vorfahrer in Angriff.
«Ich war richtig gut in Fahrt. Das Brüggli-S habe ich zum Beispiel vorher noch nie so gut erwischt wie an diesem Tag», erinnert sich der Jugendfreund von Marco Odermatt im Januar 2022 gegenüber Blick. Mit zweieinhalb Minuten Fahrzeit in den Beinen ist das Ziel-S eine der härtesten Passagen im Ski-Zirkus. Und genau dort passierts: Kohler prallt in den Fangzaun, stürzt und muss im Anschluss mit dem Helikopter ins Spital geflogen werden.
Odermatt half beim Comeback
Das linke Knie ist komplett kaputt: Kreuzband-, Patellasehnen- und Innenbandriss sowie ein Anriss im Meniskus. Die Rückkehr auf die Rennpiste scheint damals unmöglich: «Ein Arzt hat mir deutlich gesagt, dass er sich nicht vorstellen könne, mit einem solchen Knie Leistungssport zu betreiben.»
Doch er gibt nicht auf, unterstützt von Familie und Verband kämpft er sich zurück. Das Konditionstraining mit Schwingern während der Reha habe ihn zusätzlich «inspiriert». Auch der aktuelle Dominator Odermatt habe grossen Anteil am Comeback gehabt, vor allem, was das Ski-Material anbelangte: «Marco und ich stehen praktisch jeden Tag in Kontakt.»
Und nun also feiert Kohler den langersehnten Podestplatz. Die Chance, den nächsten einzufahren, gibts bereits am Freitag in der zweiten Abfahrt von Sella Nevea. Und die Punkte wären sehr willkommen, denn aktuell liegt Kohler in der Abfahrtswertung auf dem 4. Platz, vier Zähler hinter dem Drittplatzierten. Die ersten drei in der Schlussabrechnung sichern sich einen Fixplatz für die nächste Weltcup-Saison.