Es ist ein ganz besonderer Sieg. Mit seinem 21. Triumph im Weltcup zieht Marco Odermatt in der ewigen Rangliste mit seinem Jugend-Idol Didier Cuche gleich. Der völlig ausgelassene, überschwängliche Jubel bleibt beim Nidwaldner nach dieser neuerlichen Heldentat beim Riesenslalom auf dem «Podkoren» aber aus. Wird Siegen irgendwann halt eben doch zur Gewohnheit?
Odermatts Antwort: «Alles, was man im Leben mehrmals erleben darf, verliert zwar nicht den Wert, aber das Spezielle. Wenn bei der Siegerehrung zum 21. Mal die Hymne für dich gespielt wird, ist das nicht mehr ganz so emotional wie beim ersten Weltcupsieg.»
«Fühle mich jetzt frischer als im letzten Jahr»
Mehr Emotionen zeigt an diesem Tag der zweitplatzierte Alexis Pinturault. Der Franzose musste nach seinem Gesamt-Weltcupsieg in der Saison 2020/21 in seiner einstigen Paradedisziplin Riesenslalom zeitweise böse untendurch. Beim Saisonauftakt in Sölden kam der 31-Jährige nicht über den 20. Rang hinaus. Deshalb strahlt der Kombi-Weltmeister nach seinem ersten Riesen-Podestplatz seit 14 Monaten wie nach einem Sieg.
Bei der letzten Zwischenzeit lag Pinturault, der nach dem ersten Lauf acht Zehntel Rückstand hatte, sogar zwei Hundertstel vor Odermatt. Doch im finalen Steilhang hat der Schweizer noch einmal 25 Hundertstel herausgeholt. Woher nimmt der zweifache Schweizer Sportler des Jahres in der Endphase von dieser langen Saison bloss die Kraft? «Ich fühle mich jetzt frischer als im letzten Jahr zur gleichen Zeit», hält der Weltmeister und Olympiasieger fest. Seine Erklärung: «Weil ich die grosse Kristallkugel ja bereits im letzten Winter gewonnen habe, verspüre ich in dieser Saison einen weniger grossen Druck. So habe ich wahrscheinlich auch weniger Substanz als im Vorjahr verloren.»
Girardelli glaubt sogar an Odermatt-Steigerung
Nach der grossen Kugel wird der 25-jährige Ausnahme-Athlet aller Voraussicht nach auch die kleine Riesen-Kugel verteidigen. Vor den beiden letzten Rennen liegt er 140 Punkte vor Henrik Kristoffersen (28). Das heisst im Klartext: Ein dritter Rang reicht Odermatt am Sonntag im zweiten Riesenslalom in Kranjska Gora zum Gewinn der dritten Kugel dieses Winters.
Und dann wäre da ja noch der Angriff auf den Punkterekord von Österreichs Jahrhundert-Skifahrer Hermann Maier (50), der in der Saison 1999/2000 exakt 2000 Zähler herausgefahren hat. Odermatt weist vor seinen vier letzten Starts in dieser Weltcup-Saison 1726 Punkte auf.
Der fünffache Gesamt-Weltcupsieger Marc Girardelli hielt gestern in seiner Kolumne in den «Vorarlberger Nachrichten» fest, dass er nicht glaubt, dass die Maier-Marke in diesem Winter fällt. «Odermatt hat seinen Leistungssport-Zenit noch nicht erreicht», schreibt Girardelli.
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Noch ist der Ausnahme-Athlet zurückhaltend
Österreichs Slalom-Altmeister Thomas Sykora (54, 9 Weltcupsiege) ist aber überzeugt, dass Odermatt den Rekord nächste Woche beim Finale in Soldeu (Andorra) brechen wird. «Ich schätze, Marco wird die Saison mit 2050 Punkten beenden. Und hätte er sich bei der Kitzbühel-Abfahrt nicht den Meniskus gequetscht, würde er den Maier-Rekord noch deutlicher übertreffen.»
Odermatt selber zeigt sich in dieser Angelegenheit verständlicherweise noch etwas zurückhaltend: «Sollte ich die 2000er-Marke übertreffen, wäre das für mich etwas ganz Besonderes. Wahrscheinlich würde dieser Rekord dann auch länger halten. Aber bis dahin ist es eben noch ein ziemlich weiter Weg.» Die Wahrscheinlichkeit ist aber gross, dass Odermatt auch dieses Ziel erreicht.