Der im Baselbiet wohnhafte Michael Schiendorfer ist so etwas wie der Goldfinger der helvetischen Sportszene. Aber der Reihe nach. Nachdem der 55-Jährige seine sichere Stelle als Kommunikationschef bei einer grossen Schweizer Firma verlassen hatte, wagte er sich ins höchst unsichere Sportmanagement-Geschäft. Zu seinen ersten Amtshandlungen gehörte 2016 die Verpflichtung des damals 18-jährigen Riesenslalom-Junioren-Weltmeisters Marco Odermatt und des gleichalterigen Schwing-Talents Joel Wicki.
Beide entpuppten sich für Schiendorfer im letzten Jahr als Lotto-Sechser. Sechs Monate nach Odermatts Olympia- und Gesamtweltcupsieg wurde Wicki Schwingerkönig. Und in diesem Winter hatte Schiendorfer praktisch jede Woche dank Odermatt Grund zum Jubeln.
Der traurigste Wunsch
Beim Manager gehen aber nicht nur Angebote von Firmen ein, die mit seinen Top-Klienten einen Sponsoring-Deal abschliessen möchten. «Oft schreiben mir auch kleine Kinder, die sich wünschen, dass Marco mit ihnen ins Sportgeschäft geht, damit er sie mit seiner herausragenden Kompetenz beim Einkauf eines neuen Stöckli-Kinderskis beraten kann ...»
Eine besonders traurige Anfrage erhielt Odermatts Management vor ein paar Jahren. «Die Familie eines todkranken Mannes aus der Region Solothurn teilte uns mit, dass es der letzte Lebenswunsch des Familienvaters sei, Marco zu treffen. Es war dann tatsächlich so, dass Marco dem Kranken diesen letzten Wunsch erfüllte, indem er ihn im Krankenhaus besucht hat.»
Eine Geschichte, die bezeichnend ist für den besten Skirennfahrer. Schiendorfer: «Ich werde immer wieder von Leuten darauf angesprochen, dass Marco im TV so lieb wirken würde. Ich kann diesen Menschen versichern, dass Marco noch lieber ist, als er medial rüberkommt.»
«Mehr Reaktionen als nach der Olympia-Goldmedaille»
Odermatt oder Wicki. Stellt sich die Frage, was sich in der Schweiz besser vermarkten lässt: Die Krone des Schwingerkönigs, die von Experten mittlerweile mit 500’000 Franken und mehr bewertet wird, oder alpines WM-Gold?
«Ich kann den Wert von Marcos Weltmeistertiteln noch nicht beziffern. Ich kann aber sagen, dass ich nach dem WM-Triumph in der Abfahrt bereits in den ersten Tagen viel mehr Reaktionen erhalten habe als auf den Riesen-Olympiasieg vor einem Jahr. Eine Tatsache, die mich persönlich überrascht. Und deshalb kann man davon ausgehen, dass sich die beiden WM-Titel noch ein bisschen besser vermarkten lassen als der Sieg am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest.»
Schiendorfer kümmert sich seit zwei Jahren auch um die Geschäfte von Leichtathletik-Hero Simon Ehammer und berät seit wenigen Monaten auch den Genfer Springreit-Shootingstar Edouard Schmitz.