Auf einen Blick
- Lindsey Vonn plant ein Comeback im Skirennsport
- Sie trainiert wie eine Verrückte und testete Material in Sölden
- Die Reaktionen aus dem Ski-Zirkus sind sehr unterschiedlich
Wer ist die beste Abfahrerin der Geschichte des Skirennsports? Für die allermeisten ist die Antwort klar: Lindsey Vonn. 43 Rennen hat sie gewonnen. Sie wurde in der Königsdisziplin des Skisports Weltmeisterin (2009) und Olympiasiegerin (2010). Dazu hamsterte sie achtmal die Abfahrts-Kristallkugel. Vonn, die Speed-Queen!
Als Königin sah sich Vonn selbst gerne, sie war eine Meisterin der Inszenierung und der grossen Gefühle. Tränenreiche Auftritte gehörten bei ihr dazu, ob aus Freude oder Enttäuschung. Sie brachte ihr Hündchen Lucy gerne mit an die Pressekonferenzen.
Sie sprach über Depressionen, ihre Kindheit, über ihr Liebesleben (unter anderem mit Tiger Woods) und unterstützte junge Athletinnen auf ihrem Weg in den Skirennsport. Kurzum: Vonn war nicht nur eine grandiose Skirennfahrerin, sondern brachte dem Sport auch viel Glanz und Glamour. Sport und Show – sie verband beides meisterlich.
Ski-Legenden mit heftiger Kritik
Nirgends siegte Vonn öfter als in Lake Louise (Ka), eine oft als Ski-Autobahn verschriene Piste, die längst aus dem Kalender verschwunden ist. Unglaubliche 18 Mal winkte sie vom obersten Podest – Rekord. Und irgendwann tauften einige die Piste sogar in Lake Lindsey um. Die deutlichen Minus-Grade, die in der Provinz Alberta dabei oft herrschten, sind allerdings nichts gegen den eisigen Wind, der Vonn jetzt entgegenbläst.
Von ihren Comeback-Plänen sind längst nicht alle begeistert. Die Ski-Legenden Bernhard Russi (76) und Franz Klammer (70) sprachen zuletzt gegenüber Blick von einem «absoluten No-Go» (Russi) und davon, dass sie «einen Vollschuss» (Klammer) habe, wenn sie dies wirklich durchziehen sollte.
«Eine Verarschung», nannte Doppel-Olympiasieger Markus Wasmeier (61) die Rückkehr-Pläne der 40-Jährigen, die nach zahlreichen Operationen mit einem künstlichen Kniegelenk fährt. Auf Sport1 meinte er: «Ich würde mich zu Tode schämen, wenn ich da hinunterfahre und plötzlich zehn Sekunden Rückstand habe. Da lacht dich dann jeder aus.»
Flury: «Könnte sowas nie tun»
Ob es so kommen wird? Noch ist Vonn längst nicht so weit, wie es beispielsweise Comebacker Marcel Hirscher (35) ist. Die für Holland startende Ski-Legende war zwar wie Vonn ebenfalls fünf Jahre Weg vom Weltcup-Zirkus, aber dank seiner Ski-Firma Van Deer trotzdem mittendrin. Hirscher landete beim Saisonauftakt in Sölden auf dem 23. Rang – er fuhr im zweiten Lauf die drittbeste Zeit.
«Ich bin sehr überrascht, dass Lindsey offenbar zurückkehren will», sagt die Schweizerin Michelle Gisin (30). Wird sie es tun? «Falls ja, bin ich überzeugt, dass sie sehr schnell sein wird.» Abfahrtsweltmeisterin Jasmine Flury (31) meint: «Ich könnte sowas nie tun. Aber Lindsey traue ich alles zu – über ihre Klasse müssen wir nicht diskutieren.»
Vonn trainiert derzeit offenbar wie eine Verrückte. Sie hat in Sölden auch schon Material getestet. Ihr Plan ist, Mitte Dezember in Beaver Creek (USA) als Vorläuferin zu starten. Fakt ist: Sie ist bei der FIS noch nicht einmal als «aktiv» gemeldet. Sollte sich das ändern, müsste sie mit FIS-Rennen zuerst unter 80 Punkte kommen (hierfür könnte sie Nor-Am-Rennen bestreiten), dazu vom US-Weltcupteam gemeldet werden. Heisst: Vonn dürfte frühestens im Januar im Weltcup auftauchen.