Wenn ein Filmautor mit jahrzehntelanger Erfahrung sagt, dass er beim Schneiden des Films selber so viel weinen musste wie noch nie in seinem Berufsleben, dann muss es sich beim betreffenden Streifen um einen ganz besonders emotionalen Dok-Film handeln.
Der Bewegtbildautor ist Michael Bühler, der Thuner ist Chef der Produktionsfirma «Alien Alliance Films» und steht hinter dem Streifen «Wendy Holdener und ihr Bruder Kevin – verbunden über den Tod hinaus», der am Donnerstagabend ab 20.10 Uhr als Dok auf SRF 1 ausgestrahlt wird.
Bühler sagt zu Blick: «Kevin ist im Dezember 2023 auf mich zugekommen, im Januar haben wir uns getroffen. Leider ist es danach so schnell gegangen, dass wir keinen einzigen Drehtag mit Kevin haben konnten.» Der Bruder von Skistar Wendy Holdener erliegt wenige Wochen darauf mit erst 34 Jahren seiner Krebserkrankung.
Viele emotionale Szenen gehörten nicht ins Fernsehen
Jetzt liegt mit Bühlers Dok ein überwältigendes Vermächtnis vor. Es ist ein extrem berührender und tiefer Einblick in eine Familie, die mit dem 2011 als bösartig entdeckten Krebs bei Kevin auf eine brutale Achterbahn der Gefühle geschickt wird. Neben Kevin selber kommen auch Ehefrau Carmen, natürlich seine Schwester Wendy und die Eltern zu Wort.
Die mit der Familie aufgezeichneten Interviews liessen Bühler alles andere als kalt. «Normalerweise werden für einen Dok kaum Emotionen rausgeschnitten. Doch diesmal war es so, dass wir vieles weggelassen haben.» Zu persönlich, zu traurig, zu viele Tränen.
Doch auch die Endfassung geht tief unter die Haut. Alleine die Startsequenz, in der Kevin Holdener im Spital zu sehen und eine Sprachnachricht zu hören ist, die er einen Tag vor seinem Tod an Regisseur Bühler schickte, ist ein emotionaler Hammer.
Filmautor Bühler drehte schon mit Bernhard Russi
Der Film war die Idee von Kevin Holdener selber. Der Hintergrund, dass er sich eines Tages bei Regisseur Bühler meldete: Er war selber ein Film-Freak, hatte im Laufe der Jahre enorm viel Videomaterial gesammelt. Vor allem auch von seinen vielen Reisen auf der ganzen Welt sind beeindruckende Bilder zusammengekommen. Und Bühler war im Skizirkus schon bekannt, er hatte bereits Dok-Filme mit Bernhard Russi inszeniert.
Doch statt zwei oder zumindest noch ein Jahr zu bekommen, verstirbt Holdener nur einen Monat nach dem ersten Treffen. Was nun? «Zuerst war für mich klar, dass es keinen Film gibt», sagt Bühler, «doch dann sagte Wendy: Lass es uns dennoch machen.»
Irgendwann sind auf Bühlers Festplatten nach dem ersten Rohschnitt 12 Stunden Material vorhanden. Entstanden ist ein 50-minütiges Portrait zweier eng verbundener Geschwister. Die Premiere fand am Montag vor 200 eingeladenen Freunden und Familienmitgliedern im Kino statt. Am Donnerstag wird dann die ganze Schweiz am tragischen Schicksal teilhaben.