Leben in zwei Welten
Spitzenschwinger Noe van Messel zwischen Elite-Uni und Sägemehlring

Nach wie vor dominieren im Schwingen handwerkliche Berufe. Doch die Studenten holen auf. Einer von ihnen ist Noe van Messel. Während seinem Studium an der Elite-Uni HSG bleibt er dank dem Schwingen geerdet.
Publiziert: 16.07.2023 um 12:04 Uhr
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Aktualisiert: 16.07.2023 um 12:12 Uhr
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Noe van Messel (dunkle Hose) ist nicht nur im Sägemehl zu Hause ...
Foto: Marc Schumacher/freshfocus

Zieht ein Schwinger ein Hemd an, ist das meistens hellblau, aus Baumwolle und mit Edelweiss verziert. In Noe van Messels (21) Fall sieht das Ganze etwas anders aus. Die meisten Hemden, die in seinem Schrank hängen, gehören der eleganten Variante an. Denn Van Messel lebt in zwei Welten, die gegensätzlicher nicht sein könnten.

Da gibt es zum einen den Schwinger Noe van Messel. Der einen unauffälligen Suzuki fährt. Der in den sozialen Medien stolz Fotos von sich neben einem massigen Siegermuni postet. Der unter den Schwingern lediglich durch seine knallorangen Schnürsenkel auffällt. Eine Hommage an seine niederländischen Grosseltern.

Und dann gibt es da den Noe van Messel, der im schwarzen Designeranzug zum Interviewtermin erscheint. Der an einer der renommiertesten Wirtschaftsuniversitäten im europäischen Raum studiert. Der an einer Vorlesung der HSG, der Uni in St. Gallen, höchstens durch seine imposante Statur auffällt. 120 Kilogramm Körpergewicht auf 191 Zentimeter verteilt.

Zu Hause in zwei Welten

Zugegeben – in den schicken Anzug ist Van Messel nur für den Fototermin geschlüpft. «Es gibt Studierende hier, die tatsächlich jeden Tag im Anzug auftauchen. Aber ich bin eher der T-Shirt-Typ», erklärt der Student bei einem Kaffee im 65-Millionen-Franken teuren Neubau der Uni. Das Gebäude ist komplett von ehemaligen Studentinnen und Studenten der St. Galler Elite-Universität finanziert. Darunter finden sich klingende Namen. Etwa Sergio Ermotti, CEO der Grossbank UBS. Oder Monika Ribar, Verwaltungsratspräsidentin der SBB. Dass der Sieger des diesjährigen Zuger Kantonalen in zwei Jahren auch diesem Zirkel angehört und gleichzeitig erfolgreich im wohl bodenständigsten Sport der Schweiz aktiv ist, wirkt auf den ersten Blick etwas verwunderlich.

Diese Schwinger wählten den akademischen Weg

Ein studierter Schwinger ist im Jahr 2023 keine Seltenheit mehr. Auch diese Eidgenossen haben für ihre Ausbildungen ordentlich gebüffelt:

Er ist noch kein Student – aber will bald einer werden. Der Überflieger der Saison, Fabian Staudenmann (23), plant, demnächst ein Mathematik-Studium zu beginnen. «Rechnen ist mir immer schon recht leicht gefallen. Mir gefällt, wie klar in der Mathematik alles ist. Die Regeln sind schwarz und weiss», sagt er zu seinem Zahlen-Faible. Noch ist der Berner aber Schüler. Für die Aufnahme an die Uni muss er erst noch die Passerelle bestehen.

Ein langer Weg steht auch dem Berner Michael Wiget (24) noch bevor. Er studiert Rechtswissenschaften und hat soeben seine Bachelorarbeit abgegeben. Das Thema? Mögliche rechtliche Konsequenzen von Faustschlägen im Schwingsport, wie er der «Berner Zeitung» erklärte. Bis aus dem Schwinger Wiget der Rechtsanwalt Wiget wird, dauert es aber noch ein Weilchen. Als nächster Karriereschritt steht beim momentan verletzten Berner der Masterstudiengang an.

Gleich mehrere Diplome hat bereits der Eidgenosse Curdin Orlik (30) in der Tasche. Der Bündner, der für den Berner Verband schwingt, ist Agronom und Ingenieur. Und auch sein jüngerer Bruder Armon Orlik (28) hat sich für den akademischen Weg entschieden. An der Fachhochschule Graubünden büffelt er ordentlich Physik, Statik und Mathematik. Da braucht es genauso wie im Sport Durchhaltewillen und Disziplin. Belohnt wird Orlik dereinst mit dem Titel Bauingenieur.

Ein studierter Schwinger ist im Jahr 2023 keine Seltenheit mehr. Auch diese Eidgenossen haben für ihre Ausbildungen ordentlich gebüffelt:

Er ist noch kein Student – aber will bald einer werden. Der Überflieger der Saison, Fabian Staudenmann (23), plant, demnächst ein Mathematik-Studium zu beginnen. «Rechnen ist mir immer schon recht leicht gefallen. Mir gefällt, wie klar in der Mathematik alles ist. Die Regeln sind schwarz und weiss», sagt er zu seinem Zahlen-Faible. Noch ist der Berner aber Schüler. Für die Aufnahme an die Uni muss er erst noch die Passerelle bestehen.

Ein langer Weg steht auch dem Berner Michael Wiget (24) noch bevor. Er studiert Rechtswissenschaften und hat soeben seine Bachelorarbeit abgegeben. Das Thema? Mögliche rechtliche Konsequenzen von Faustschlägen im Schwingsport, wie er der «Berner Zeitung» erklärte. Bis aus dem Schwinger Wiget der Rechtsanwalt Wiget wird, dauert es aber noch ein Weilchen. Als nächster Karriereschritt steht beim momentan verletzten Berner der Masterstudiengang an.

Gleich mehrere Diplome hat bereits der Eidgenosse Curdin Orlik (30) in der Tasche. Der Bündner, der für den Berner Verband schwingt, ist Agronom und Ingenieur. Und auch sein jüngerer Bruder Armon Orlik (28) hat sich für den akademischen Weg entschieden. An der Fachhochschule Graubünden büffelt er ordentlich Physik, Statik und Mathematik. Da braucht es genauso wie im Sport Durchhaltewillen und Disziplin. Belohnt wird Orlik dereinst mit dem Titel Bauingenieur.

Doch Van Messel fühlt sich in beiden Welten wohl. «Hier hole ich mir das Rüstzeug für meine Zukunft, meine Karriere. Und es ist mega spannend. Aber meine Leidenschaft ist ganz klar das Schwingen.» Es ist auch diese Welt, die Van Messel als Erstes kennengelernt hat. «Ich bin auf dem Land aufgewachsen und habe viel Zeit draussen verbracht.» Schon in der Primarschule besucht der Zuger die ersten Schwingtrainings.

Immer schön am Boden bleiben

Erst mit dem Übertritt in die Kanti nach Zug kommt Van Messel mit dem Thema Wirtschaft und dieser ganz anderen Welt in Berührung. Über den etwas abgehobenen Ruf der HSG ist er sich im Klaren. «Hier gibt es sicher ein paar Leute, die die Bodenhaftung etwas verloren haben», erzählt er grinsend. Ihm passiert das nicht so schnell. Das Schwingen erdet den Innerschweizer. «Auf dem Campus werden die Probleme der Welt diskutiert, der Klimawandel – oder was Leadership eigentlich bedeutet. Und dann kommst du nach der Vorlesung in den Schwingkeller, wo einer erzählt, dass ihm heute sein Schweissgerät kaputtgegangen ist. Da bleibst du automatisch auf dem Boden.»

Sein etwas unüblicher beruflicher Werdegang ist in der Schwingerwelt kaum Thema. «Wenn ich sage, dass ich Wirtschaft studiere, kommt höchstens mal der Spruch, die Wirtschaft sei schon was Gutes, vor allem die Gastwirtschaft», erzählt Noe van Messel mit einem Augenzwinkern. An der Uni hingegen ist seine Leidenschaft auf grosses Interesse gestossen. «Wir haben hier sehr viele ausländische Studierende. Und die haben sich wirklich mega für den Sport interessiert.» Sogar an ein Schwingfest haben sie den Zuger schon begleitet und waren begeistert von der Atmosphäre.

Während der VWL-Student vor zwanzig Jahren wohl noch ein Exot gewesen wäre, sind studierte Schwinger heutzutage keine absolute Rarität mehr. Die Hintergründe der Athleten werden diverser. Das sei eine Bereicherung für den Sport, findet Van Messel. «Verschiedene Ansichten tun immer gut. Das haben Wirtschaft und Schwingsport gemeinsam.»

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