Wie stark ist Samuel Giger wirklich? Diese Frage stellte Blick, nachdem der Thurgauer am 11. Juli mit einem unspektakulären Notenblatt den Rigi-Schwinget für sich entschieden hat. Matthias Sempach war damals als SRF-Experte im Einsatz und sagte: «Samuel ist sicher Top zwäg. Ich habe trotzdem das Gefühl, dass ich Giger vor der Pandemie schnellkräftiger erlebt habe.»
Der Diemtigtaler Roland Knutti, welcher als Trainingsleiter der Berner Oberländer Jahrelang Kilian Wenger und Matthias Glarner geschliffen hat, drückte sich noch deutlicher aus: «Giger ist nicht mehr so spritzig wie vor der Corona-Pause. Früher hat er seinen Kurz-Zug kompromisslos durchgezogen, was er jetzt nicht mehr tut.» Knutti war sich deshalb sicher, «dass Giger auf diese Weise defensiv starke Schwinger wie die Berner Kilian von Weissenfluh oder Fabian Staudenmann nicht besiegen kann.»
Berner verneigen sich vor Giger
Wirklich nicht? Giger beweist auf der Schwägalp in eindrücklichster Manier das Gegenteil! Nachdem er im Anschwingen zum dritten Mal den regierenden König Christian Stucki im Sägemehl vergräbt, nagelt der gelernte Zimmermann auch die Berner Abwehr-Künstler Staudenmann, von Weissenfluh und Fritz Ramseier auf den Rücken. Im Schlussgang bodigt der 23-Jährige mit Michael Wiget einen weiteren Berner Eidgenossen und zieht damit mit seinem vierten Schwägalp-Sieg in der ewigen Rangliste des Berg-Klassikers mit Nöldi Forrer (43, Schwingerkönig 2001) gleich.
Was sagen die Berner Giger-Skeptiker jetzt? «Ich bin total beeindruckt, so stark habe ich Samuel überhaupt noch nie erlebt», sagt Sempach. Und auch Knutti verneigt sich tief vor dem 1.94 Meter langen «Sämi». «Gigers Leistung ist sensationell.» Knutti hebt aber auch die Leistung der Herren im Einteilungs-Komitee hervor. «Es kommt ja oft vor, dass die einheimischen Spitzenschwinger von der Einteilung geschont werden. Für Giger hat es aber keinen Heimvorteil gegeben, er wurde mit den bestmöglichen Gegnern beladen.
Trotzdem hat er alle sechs Gänge gewonnen, was diesen Triumph noch einmal aufwertet.» Giger hält nach seinem 21. Kranzfestsieg fest, «dass ich mich diesmal praktisch unbesiegbar gefühlt habe, ich konnte in jedem Gang eine ganz besondere Energie mitnehmen.» Der Sohn einer Bus-Chauffeurin wird nun bis am 5. September pausieren. Dann wird Samuel Giger am Schwarzsee erneut auf die Elite der Berner treffen.