Auf den ersten Blick deutet fast alles darauf hin, dass im August in Pratteln erstmals seit 2010 kein Berner den Schwinger-Thron besteigen wird. Mit Christian Stucki (37, Schulter) und Kilian Wenger (32, Fuss) sind derzeit beide Könige verletzt. Vor allem im Fall von Stucki muss ernsthaft bezweifelt werden, ob er bis zum Eidgenössischen einsatzfähig sein wird.
Definitiv fehlen wird am ESAF Lukas Renfer, der am Seeländischen einen Kreuzbandriss erlitten hat. Dieser Ausfall tut den Mutzen besonders weh, denn: Renfer hätte mit seinen überragenden Defensivqualitäten jeden Bösen mit einem Gestellten zurückbinden können. Im letzten Jahr hat sich der gebürtige Bern-Jurassier im Vergleich mit Joel Wicki und Samuel Giger schadlos halten können.
«Es wird viele Überraschungen geben»
Nach einem solchen Abwehr-Künstler sucht man jetzt bei den Bernern vergebens. Das ist verheerend, wenn man die derzeitige Überform von Samuel Giger in Betracht zieht. Drei Kranzfeste hat der Thurgauer in dieser Saison bestritten, das Thurgauer Kantonale und das Basel-Städter hat der 24-Jährige in überragender Manier gewonnen.
Das hat auch den sechsfachen Berner Eidgenossen Christian Oesch (54) tief beeindruckt. Dennoch würde er nicht allzu viel Geld auf den Königstitel Gigers wetten. «Es wird bei diesem Eidgenössischen viele Überraschungen geben. Deshalb glaube ich daran, dass ein Berner König werden wird.»
Zweifel an Gigers Nervenstärke
Warum? «Die Nerven spielen bei einem Eidgenössischen eine viel grössere Rolle als bei normalen Kranzfesten. Zur Erinnerung: Giger war bereits vor dem letzten Eidgenössischen in Zug der Top-Favorit. Dem riesigen Erwartungsdruck konnte er dort aber nicht standhalten.»
Oeschs langjähriger Klub-Kollege Roger Brügger (47, vierfacher Eidgenosse) siehts ähnlich: «Wenn Giger in Pratteln so auftrumpfen wird wie zuletzt am Basel-Städter, wird er schwer zu schlagen sein. Aber ich bin mir eben nicht sicher, ob sein Nervenkostüm genug stark sein wird.»
Brügger ist sich dagegen sicher, dass Fabian Staudenmann, der sich im Vorjahr mit Giger den Festsieg am Kilchberger geteilt hat, bis zum königlichen Kräftemessen im Baselbiet so richtig im Schwung sein wird: «Fäbu hat seinen Formaufbau mit seinem Coach Matthias Glarner vor allem auf den Juli und August ausgerichtet. Ich glaube, dass mit Michael Ledermann, Adrian Walther und Severin Schwander drei weitere junge Berner reif für den ganz grossen Wurf sind.»
Wirklich? Die ultimative Antwort werden wir am 28. August erhalten.