Goldrausch im Sägemehl
Schwinger verdienen so viel wie noch nie

Einen Teil der Sponsoren-Einnahmen müssen die Schwinger dem Verband abgeben. Das klappt nicht immer reibungslos. Rolf Gasser, der Werbeverantwortliche, verrät, wie seine Kontrollen aussehen.
Publiziert: 09.04.2024 um 12:22 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2024 um 15:35 Uhr
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Auf der Brust von Samuel Giger sind einige Sponsoren zu sehen. Lange lehnte der Modellathlet jegliche Anfragen in diese Richtung ab.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Nicola AbtReporter Sport

Mit den Preisgeldern ist das so eine Sache im Schwingen. Auf dem Brünig zum Beispiel verdient der Sieger ganze 1500 Franken. Anders sieht es aus, wenn Sponsorengelder im Spiel sind. Wobei: Die Beziehung zwischen dem Schwingsport und seinen Sponsoren? Kompliziert. Im Sägemehlring gilt ein Werbeverbot. Firmenlogos auf der Titelseite des Festführers werden vom Eidgenössischen Schwingerverband (ESV) verteufelt und bestraft. Gleichzeitig erzielen die einzelnen Schwinger mit Werbeverträgen neue Rekordsummen. Im vergangenen Jahr knackten sie erstmals die 3-Millionen-Marke! Das ist mehr als viermal so viel wie 2011, als der ESV die Zahlen zum ersten Mal erhoben hat.

Überrascht von dieser Entwicklung ist Rolf Gasser, der ESV-Geschäftsführer und Werbeverantwortliche, nicht. «Sie ist im Einklang mit der heutigen Popularität des Schwingens, vor allem in der Deutschschweiz.» Den Grossteil der 3,25 Millionen Franken teilen sich fünf bis zehn Spitzenschwinger untereinander auf. Insgesamt haben 91 Schwinger 2023 Werbeabgaben geleistet, wie dem Geschäftsbericht des ESV zu entnehmen ist. Darin steht auch, dass gewissen Schwingern in diesem Jahr erstmals die Werbebeiträge wegen Konkurs von Firmen nicht ausbezahlt wurden.

Die Zahl von etwas mehr als drei Millionen Franken entspreche nicht ganz der Wirklichkeit, wie ein noch aktiver Kranzfestsieger gegenüber Blick erklärt: «Die Sponsoren-Einnahmen sind rund eine Million Franken höher als angegeben. Viele gute Schwinger besitzen einen Auto-Sponsor, damit fallen das Benzin und die Versicherung weg. Zudem schenken die Prämien ein.»

König Stucki zahlt auch nach dem Rücktritt

Seit 2011 müssen die Aktivschwinger zehn Prozent ihrer Werbeeinnahmen an den ESV abgeben. Nicht immer klappt dies reibungslos. «Ich schaue mir periodisch die Websites der Schwinger an sowie die sozialen Medien», sagt Gasser. Entdeckt er einen neuen Sponsor, der noch nicht beim Verband gemeldet wurde, kontaktiert er den Schwinger persönlich. Im letzten Jahr wurden drei Ermahnungen ausgesprochen. «Unter anderem haben Schwingfest-Organisatoren gegen das Reglement der Werbung verstossen.»

Nicht nur während der Aktivzeit müssen die Schwinger einen Anteil ihres Werbeeinkommens abgeben. In den ersten drei Jahren nach ihrem Rücktritt gehen fünf Prozent ihrer Sponsoren-Einnahmen an den Verband. Der ESV darf sich also unter anderem auf ein paar Franken des zurückgetretenen Königs Christian Stucki (39) freuen.

Sponsoren bringen mehr Geld als SRF

Im letztjährigen Geschäftsbericht weist der ESV einen Ertrag von rund 1,25 Millionen Franken aus. Davon stammen 26 Prozent aus den Werbeabgaben der Schwinger. Die 325'000 Franken sind deutlich höher als die Einnahmen aus den Übertragungsrechten von SRF, die 172'320 Franken einbrachten.

«Die Werbeeinnahmen sind ein wichtiger Eckpfeiler für die Nachwuchsförderung unseres Verbandes», so Gasser. Mit den Geldern werden unter anderem Trainingslager finanziert oder regionale Nachwuchsförderungsaktionen. «Auch deshalb konnten wir im letzten Jahr die Anzahl der Jungschwinger um über 300 Kinder oder rund elf Prozent steigern.»

So wichtig die Sponsoren auch sind, das Werbeverbot im Sägemehlring wird der Verband in Zukunft mit aller Vehemenz verteidigen. Gasser: «Diese gesunde Sturheit ist Teil unseres Erfolges. Behalten wir das bei und präsentieren uns bewusst weiterhin anders als die andern Sportarten, sehe ich in absehbarer Zukunft keinen Einbruch der Zahlen.»

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