Es ist ein wahres Klassentreffen der Giganten. Am Berner Kantonalen Schwingfest in Tramelan BE ist die gesamte Berner Garde am Start. Angeführt vom in dieser Saison noch unbezwungenen Fabian Staudenmann (23). Er ist der Mann, den es zu schlagen gilt. Keinen einzigen Gang hat er in dieser Saison verloren. Das bleibt auch am Sonntag im Berner Jura so. Und doch ist er nach dem Schlussgang nicht der einzige Schwinger, der von seinen Kollegen geschultert wird. Er teilt den Sieg mit dem Emmentaler Matthias Aeschbacher (31).
Staudenmann startet für einmal nicht perfekt ins Fest. Gegen den 15 Jahre älteren Emmentaler Thomas Sempach (38) reicht es dem Jungspund im ersten Gang lediglich für einen Gestellten. Danach bleibt Staudenmann souverän, wenn auch nicht makellos. Der Guggisberger liess zwischenzeitlich etwas von seiner Explosivität vermissen, als schwinge er nur mit 95 Prozent. Hat der angehende Student es mit der Vorbereitung nach vier Festsiegen hintereinander etwas zu lasch genommen?
«Nein, nein, das liegt nicht drin», winkt er ab. Aber müde sei er gewesen – nicht körperlich, sondern im Kopf. «Die Schwingfeste der letzten Wochen fordern ihren Tribut, jedes Fest ist mental immer wieder anstrengend. Sechs Mal musst du auf Knopfdruck parat sein und dann gleich wieder runterfahren.»
Festsieger Aeschbacher schaut zu und geniesst
Den kleinen Patzer des Mittelländers nutzt ein weiteres Berner Zugpferd zu seinem Vorteil. Matthias Aeschbacher zieht an Staudenmann vorbei. Und obschon er im vierten Gang eine Niederlage gegen den späteren Schlussgangteilnehmer Kilian Wenger (33) wegstecken muss, steht Aeschbacher nach einer weiteren Höchstnote im sechsten Gang als Festsieger fest.
Den Schlussgang zwischen Staudenmann und König Kilian Wenger schaut sich der Familienvater ganz entspannt vom Sägemehlrand aus an. «Richtig gemütlich war das. Ich konnte es wirklich geniessen», erzählt der Emmentaler nach seinem ersten Festsieg der Saison. Aber er hält auch fest: «Der Sieg gehört ganz klar Fäbu.» Vor ihm ziehe er den Hut. «Er ist verdientermassen im Rang 1A. Ich bin lediglich das B dahinter», sagt er bescheiden.
Im Schlussgang gegen das Idol
Gemütlich war der Schlussgang für Fabian Staudenmann sicher nicht. «Es war sehr speziell, gegen Kilian Wenger im Schlussgang zu schwingen. Kilu wurde Schwingerkönig, als ich noch ein kleiner Bub war. Nach dem ESAF 2010 habe ich mit dem Schwingen angefangen.» Knapp 10 Minuten hat er mit seinem Kindheitsidol gerungen. «Und dann habe ich zum Schluss nochmal aufs Gaspedal gedrückt.» Die Rechnung des angehenden Mathematikstudenten ist mal wieder aufgegangen.
Trotz der hochkarätigen Besetzung war das Berner Kantonale Schwingfest im Berner Jura übrigens nicht bis auf den letzten Platz ausverkauft. Das lag nicht an überdimensionalen Tribünen, sondern schlicht am Austragungsort Tramelan. «Offenbar denken die Leute, der Berner Jura liege irgendwo am Ende der Welt», sagt Simon Schmid, Medienchef vom Berner Kantonalschwingverband. Das sei schade, denn in dieses Fest sei viel Herzblut geflossen. «Hier ist es immer klein, fein und familiär», stimmt ihm auch Festsieger Fabian Staudenmann zu. Aber zumindest haben die Schwingfans, die den Weg nach Tramelan gefunden haben, Schwingsport der Spitzenklasse erlebt.