Auf diese Autogramme bin ich besonders stolz
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Schwing-Bildli-Sammler:Auf diese Autogramme bin ich besonders stolz

Er lässt jedes Foto signieren
Der verrückteste Schwing-Sticker-Sammler der Schweiz

Nur sammeln und einkleben? Ist für ihn zu langweilig. Der Zürcher Unterländer Hansjörg Lutz lässt jeden einzelnen Schwing-Sticker persönlich signieren. Mit Blick spricht er über sein verrücktes Hobby und öffnet seine vollen Alben.
Publiziert: 27.06.2022 um 12:38 Uhr
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Das sieht man nicht alle Tage: Im Schwing-Album von Hansjörg Lutz ist jedes Bildchen vom Porträtierten selbst unterschrieben.
Foto: Sven Thomann
Nicola Abt

Der Abziehbilder-Wahnsinn in der Fussballwelt: ein immer wiederkehrendes Phänomen im Vorfeld eines Grossanlasses. Was im Spiel mit dem runden Ball Usus ist, beobachtet man in der Schwinger-Szene höchst selten. Am Zürcher Kantonalen in Ossingen löst ein Sammler der ersten Stunde verwunderte Blicke aus. Am Sägemehlrand stehend, bittet er einen Schwinger nach dem anderen, seine mitgebrachten Porträt-Sticker zu signieren.

Einige Wochen später: Hansjörg Lutz (69) sitzt in seinem Haus in Glattfelden ZH und blättert gedankenversunken im rappelvollen Sticker-Album des Eidgenössischen Schwingfests 2010 in Frauenfeld. Jedes Bildchen, auch das des Gemeindepräsidenten, ist fein säuberlich eingeklebt und mit der jeweiligen Unterschrift des Porträtierten versehen. «Da hat alles seinen Anfang genommen», murmelt der Zürcher Unterländer. Im Jahr von König Kilian Wenger kam zum ersten Mal ein Sammelalbum der Schwinger heraus. Seither erscheint es im Dreijahresrhythmus – ausgenommen 2013 (Finanzierung scheiterte).

Mit den Winnetou-Filmen hat alles angefangen

Lutz steht sinnbildlich für den Marketing-Coup. «Erst als es Bildchen zum Aufkleben gab, schloss ich mich der Schwinger-Szene an», erzählt er lachend und gibt offen zu: «Vom Sport selber verstehe ich nicht viel.» Einzig Karl Meli, der zweifache Schwingerkönig aus Winterthur, und Ruedi Hunsperger – dreifacher Schwingerkönig – seien ihm vor dem Sammelstart ein Begriff gewesen.

Seit Kindesbeinen ist der GC-Sympathisant ein leidenschaftlicher Autogrammjäger. Angefangen hat alles mit den Winnetou-Filmen, die er und sein Bruder vergöttert haben. «Wir schrieben der Agentur in München einen Brief mit der Bitte eines Autogramms.» Tage später flatterte eine Karte mit der Unterschrift des Schauspielers Pierre Brice ins Haus. Das erste Autogramm in der mittlerweile aus über 7000 Exemplaren bestehenden Sammlung, die vom Fussball über die Leichtathletik bis hin zu den Schweizer Olympia-Teilnehmern reicht.

Wenn die Bildchen plötzlich verschwinden

Die Brief-Taktik ist auch Jahrzehnte später die bevorzugte Strategie des ehemaligen Marathonläufers. Über 350 Umschläge muss er verschicken, bis er das Album mit allen Bildchen und den passenden Unterschriften darauf zusammenhat. Kostenpunkt: «Über 600 Schweizer Franken.» Eine nervenaufreibende Geschichte – zumindest teilweise. «Bei Frank Kaech, dem Auslandschweizer aus Kalifornien (USA), brauchte ich 2016 gleich mehrere Anläufe.» Kein Einzelfall, wie Lutz schmunzelnd erklärt: «Beim ersten Zuschicken des Bildchens behalten es viele, weil sie es vermutlich noch gar nicht hatten.»

Das gleiche Phänomen beobachtet der Fan des Schweizer WM-Teams 1966 bei den Mannschaftsfotos im Fussball. «Wenn du es dem Letzten zukommen lässt – mit allen Unterschriften der Teamkollegen –, bekommst du es nicht mehr zurück. Der sagt ‹Danke vielmals› und hängt es bei sich zu Hause auf.» Während er mit glänzenden Augen von seinen Sammel-Erlebnissen erzählt, schüttelt seine Frau Annemarie ungläubig den Kopf und meint schmunzelnd: «Die armen Kinder, die dieses Haus einmal räumen müssen.»

«Ich will Wicki und Giger nicht zusätzlich belasten»

Beim Blick in das diesjährige Album stellt man verwundert fest, dass an einigen Stellen noch grosse Lücken aufklaffen. Ist der ganze Zauber nach drei vollen Heften bereits wieder verleidet? «Auf keinen Fall! Ich habe alle Abziehbilder, aber mit den Unterschriften lasse ich mir Zeit.»

Erst wenn der Saisonhöhepunkt vorüber ist, wird Hansjörg Lutz das Heft komplettieren: «Joel Wicki und Samuel Giger kontaktiere ich erst nach dem Eidgenössischen Schwingfest Ende August. Die beiden haben derart viel um die Ohren, dass ich sie nicht noch zusätzlich belasten möchte.» Womöglich ein smarter Schachzug. Es scheint nicht unrealistisch, dass nach dem ESAF eine Unterschrift aus königlicher Hand im vollen Album des Hansjörg Lutz zu finden sein wird.

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