Während Schweizer Boxer mit mässig bekannten Namen wie Ando Hakob oder Stefan Rumpold auch in Corona-Zeiten knallharte Trainings-Fights absolvieren dürfen, darf Schwingerkönig Christian Stucki seine bösen Kollegen derzeit nicht im Sägemehl bearbeiten. Die Frage nach dem warum ist einfach zu beantworten: Die Boxer Hakob und Rampold haben den Profi-Status, die Schwinger sind zumindest auf dem Papier ausnahmslos Amateure. Und Amateure dürfen seit einem Bundesratsentschluss von anfangs November pandemiebedingt keine Trainings mit Körperkontakt ausüben.
Weil Christian Stucki (35) deshalb befürchtet, «dass junge Schwinger zu anderen Sportarten abwandern und der Nationalsport deshalb vor die Hunde gehen könnte», hat der Überschwinger am 2. Dezember einen Brief an Sportministerin Viola Amherd geschickt. Stucki fordert die Bundesräte in seinem Schreiben mit wohl gewählten Worten auf, das Training in den Schwinghallen gesamtschweizerisch zu erlauben.
Die Reaktion vom Bundesrat? Bis letzten Samstag ist kein Brief aus Bundesbern bei Stucki in Lyss eingegangen. Der Gigant aus dem Berner Seeland: «Ich habe diesen Brief ja auch nicht geschrieben, damit ich eine persönliche Antwort von der Frau Bundesrätin erhalte. Ich habe zu Papier und Stift gegriffen, weil ich dadurch an höchster Stelle einen Gedankenanstoss geben wollte.»
Reichmuth setzt Druck auf Verband auf
Pirmin Reichmuth, der im Juli 2019 auf dem Brüning triumphierte, ist als Vertreter des Athletenrates seinem Kollegen Stucki sehr dankbar, dass er in Bundes-Bern ein Zeichen gesetzt hat. Der Zuger fordert gleichzeitig die Spitze des Eidgenössischen Schwingerverbands ESV auf, im Bundeshaus nachzulegen. «Ich weiss nicht, was diesbezüglich alles im tun ist. Aber ich erwarte von den Verantwortlichen unseres Verbands, dass sie einen Schritt auf den Bundesrat zugehen, damit schnell eine Lösung gefunden wird.»
Der 25-Jährige glaubt fest daran, dass die hohen Herren des ESV bei der obersten Instanz des Landes eine Sondergenehmigung erringen könnte: «Dass der Schwingsport in unserem Land einen besonders hohen Stellenwert hat, beweist ja die Tatsache, dass Chrigel Stucki im letzten Jahr Sportler des Jahres wurde. Deshalb bin ich überzeugt, dass da etwas zu machen sein müsste.»
Reichmuth will keine Schwing-Profis
Von der Idee, dass alle Kranzschwinger den Profi-Status erhalten, hält Reichmuth aber gar nichts: «Es darf in unserem Sport keine Zweiklassengesellschaft geben. Es muss unser Ziel sein, dass schon bald wieder alle Schwinger ins Sägemehl dürfen. So wie es aussieht, werden die Schwingfeste im kommenden Sommer stattfinden. Und wenn wir die Wettkampf-Vorbereitung nicht frühzeitig aufnehmen können, wird auch die Verletzungsgefahr noch grösser sein.»
Deshalb wäre in diesem Fall ein «Schlungg» von Bundesrätin Viola Amherd durchaus angebracht.