Der Erwartungsdruck auf den Schultern von Schwimmer Noè Ponti (22) war im Vorfeld der Schwimm-Europameisterschaft in Rumänien gross. Fünf Medaillen sammelte der junge Tessiner bereits an Olympischen Spielen, Europa- und Weltmeisterschaften. Doch keine dieser Medaillen war golden. Im 25-Meter-Becken in Otopeni, wenige Kilometer von der Hauptstadt Bukarest entfernt, schwamm Ponti am Mittwoch schliesslich zu dieser goldenen Medaille und doppelte am Freitagabend gleich nach. Und da aller guten Dinge drei sind, folgt am Samstagabend die dritte Goldmedaille.
Schon vor seinem dritten Coup war Ponti sehr glücklich, obwohl nicht alles optimal gelaufen sei: «Zwei Goldmedaillen in zwei Rennen ist unglaublich! Ich habe zwar nicht alles perfekt gemacht. In den ersten 50 bis 100 Metern war ich nervös, das hat man auch gemerkt. Aber ja, am Schluss habe ich gewonnen.»
Höhen und Tiefen
Für Ponti markiert die Kurzbahn-EM ein weiteres Hoch auf der Achterbahnfahrt, auf der er sich seit drei Jahren befindet. Von Null auf Hundert begann sie 2021, als er an den Olympischen Spielen in Tokio über 100 Meter Delfin Bronze holte. Plötzlich war der Junge aus dem Tessiner Dorf Gambarogno ein Weltstar in der Schwimmszene. Doch schon bald folgte auf den Höhenflug der erste tiefe Fall.
Keinen Monat nach seinem Triumph packte Ponti seine Koffer und reiste in die USA, um dort sein Studium und seine sportliche Karriere voranzutreiben. Doch es kam anders. Anstatt an der North Carolina State University den amerikanischen Traum zu leben, fühlte sich Ponti rasch einsam. Die Ernährung in den Staaten bereitete ihm Probleme, das Training verlief anders als abgemacht. Nach vier Wochen zog Ponti die Reissleine: «In den letzten Wochen machte sich bei mir eine immer deutlicher werdende Müdigkeit bemerkbar, vor allem in mentaler Hinsicht, was mir bei der Bewältigung des Alltags einige Probleme bereitete», beschrieb der Tessiner seine Situation.
«War die richtige Entscheidung»
Die Rückkehr in die Heimat war der richtige Schritt für Ponti. «Es ist schade, hat es in den USA nicht geklappt. Aber es war in diesem Moment die beste Entscheidung. Es gibt in einer Karriere Höhen und Tiefen», sagt Ponti rückblickend. Im Dezember 2021 schwamm er an der Kurzbahnweltmeisterschaft über 200 Meter Delfin direkt zu Silber. Im darauf folgenden Jahr folgte die Bronzemedaille an der EM in Rom.
An den Weltmeisterschaften in diesem Sommer wollte Ponti diese Serie fortsetzen. Doch obwohl er topfit war, kehrte er ohne Edelmetall aus Japan zurück. Zwei seiner drei Rennen missglücken ihm komplett, nicht einmal den Einzug ins Finale schaffte er. Den Grund für diesen Rückschlag fand er nicht.
Doch offenbar hat Ponti die Enttäuschung gut verarbeitet. Die zwei Medaillen an der EM haben ihm schon Schub verliehen, die dritte ist die Kirsche auf der Torte. Und auch auf die bevorstehenden Olympischen Spiele schaut Noè Ponti optimistisch: «Die Saison ist noch nicht fertig. Das gibt mir auch einen gewissen Druck in dieser Olympiasaison. Wir arbeiten jetzt hart bis Olympia, auf das freue ich mich!»