Können Sie sich daran erinnern, wie es war, als Sie lesen lernten? Es wird in der Zeit rund um den Kindergarten oder in der ersten Klasse gewesen sein, als Sie Buchstabe für Buchstabe gelernt haben. Wäre dies ohne Eltern oder Lehrperson gegangen? Schwierig. Anders war es bei der Neo-Europameisterin Lisa Mamié.
Ihre Vorliebe für Bücher kam schon als kleines Kind auf und ging so weit, dass sie sich das Lesen selber beigebracht hat. «Meine Schwester Sara kam in die erste Klasse, als ich im Kindergarten war. Ich habe ihre Lese-Lernbücher geklaut und selber gelöst», sagt Mamié gegenüber Blick. Anstelle ihrer Schwester wollte schliesslich Klein-Lisa am Abend vorlesen – sehr zum Erstaunen ihrer Familie.
Noch heute verbringt Mamié gerne ihre Zeit mit Büchern. So studiert sie in Zürich nebenbei französische und italienische Literatur. Nebst ihrem Faible für Sprachen hat die 24-Jährige als Halbitalienerin also eine besondere Verbindung zum «Stiefel».
Grösster Erfolg im Foro Italico
Seit einigen Tagen trägt sie auch Rom besonders im Herzen. Nicht nur, weil mit dem Foro Italico sich eines der schönsten Schwimmbäder in der ewigen Stadt befindet. Ausgerechnet dort hat sie ihren bisher grössten Erfolg feiern dürfen: EM-Gold über 200 m Brust.
«Ich fange es erst jetzt langsam an, zu realisieren. In dem Moment war es noch surreal.» Ein Jahr zuvor holte sie in Budapest EM-Silber. Dass es dieses Jahr die begehrte Gold-Medaille wird, hat sie nicht erwartet.
Wie bei den Büchern hat wiederum Schwester Sara ihre Leidenschaft fürs Schwimmen entfacht. Mamié: «Sie wollte schon immer schwimmen und war schon in einem Klub. Mein Vater und ich haben sie immer begleitet. Währenddessen habe ich im Baby-Becken geplanscht.» Die heutige Brust-Spezialistin hatte zu dieser Zeit das Abzeichen nicht bestanden, konnte es dank gütiger Hilfe ihrer Schwester nachholen und wurde später mit acht Jahren ebenfalls im Verein aufgenommen.
«Glücklich, wie die Saison jetzt geendet hat»
Mit der EM ist eine harte Saison zu Ende gegangen, die eigentlich im aktuellen Olympia-Zyklus als Aufbaujahr eingebucht war. «Es gab sicherlich Resultate, mit denen ich nicht so zufrieden war. Aber ich bin sehr glücklich, wie die Saison jetzt geendet hat.»
Nach der harten Arbeit kommt die wohlverdiente Erholung. Von Rom ist es für Mamié direkt nach Apulien gegangen. «Mein Grossvater ist hier aufgewachsen und meine Mutter wollte uns schon immer einmal die Gegend zeigen. So hat es sich ergeben.»
Zweieinhalb Wochen Ferien gönnt sie sich. Danach wirds unangenehm. Nicht etwa, weil Mamié wieder das Training aufnimmt. Ihr werden alle vier Weisheitszähne gezogen.