Bewusstlos-Drama von Alvarez schockt Sportwelt
So gefährlich ist Synchronschwimmen

Die dramatische Rettung der bewusstlosen US-Athletin Anita Alvarez an der Schwimm-WM wirft einen Schatten auf das Synchronschwimmen. Die Disziplin steht für Ästhetik, dahinter steckt aber ein körperlicher Abnützungskampf.
Publiziert: 24.06.2022 um 16:06 Uhr
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Aktualisiert: 24.06.2022 um 16:17 Uhr
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Das Drama um die kollabierte Athletin Anita Alvarez rückt den Fokus auf das Synchronschwimmen.
Foto: AFP
Andrea Cattani

Sie sind perfekt frisiert und geschminkt, haben stets ein Lächeln im Gesicht – dabei ist ihr Sport knallhart.

Die Athleten der Synchronschwimm-Disziplinen müssen für ihre Darbietungen an die Grenzen gehen – und teilweise darüber hinaus. So wie Anita Alvarez bei den Weltmeisterschaften in Budapest am Mittwoch. Die US-Amerikanerin kollabiert bei ihrer Einzel-Kür im Wasser, muss bewusstlos aus dem Becken gerettet werden. Die dramatischen Szenen gehen um die Welt.

Ein Einzelfall ist Alvarez keineswegs. An den Olympischen Spielen 2008 in Peking mussten die Zuschauer einen ähnlichen Horror mitansehen, als die Japanerin Hiromi Kobayashi im Wasser das Bewusstsein verlor.

Hypoxie-Gefahr als ständiger Begleiter

Die Ursache ist in den meisten Fällen Hypoxie, also akuter Sauerstoffmangel im Kreislauf der Sportler.

Während Synchronschwimmer körperliche Schwerstarbeit verrichten, bleiben sie bis zu 45 Sekunden unter Wasser. Von noch längeren Phasen ohne Sauerstoffzufuhr rät der Weltverband Fina dringend ab – aus medizinischen Gründen.

Die Risiken sind in der Szene bekannt: Von Müdigkeit und Schwindel bis hin zu permanenten Hirnschäden kann Hypoxie die Sportler auf verschiedene Weisen treffen. «Die einen erwischt es härter, die anderen weniger. Aber irgendwann werden sie von Hypoxie betroffen sein», warnte Myriam Glez, die Ex-Chefin der US-Synchronschwimmer, schon 2016.

«Innerlich sterben wir»

Um die Darbietungen im Wasser bis ins letzte Detail perfektionieren zu können, sind sieben Wassertrainings pro Woche in der Elite üblich. Stundenlang. Ungewollte Schläge und Tritte von Trainingspartnern sind dabei ebenso unumgänglich wie schmerzhafter Muskelkater. Denn neben kräftezehrenden Schwimm- und Koordinationsübungen gehören auch Stunden im Kraftraum oder bei Ausdauerläufen zum Synchronschwimm-Alltag.

All das für eine Kür-Darbietung, die bei Wettkämpfen maximal etwas länger als fünf Minuten dauern darf.

Die deutsche Star-Synchronschwimmerin Marlene Bojer (29) sagte darum über sich und ihre Mitstreiter jüngst: «Wir sehen immer so fröhlich aus, aber innerlich sterben wir.»

«Auch ich lag schon bewusstlos im Becken»

Als die US-Schwimmerin Anita Alvarez in der Budapester Duna Arena plötzlich regungslos im Wasser treibt, sitzt die Schweizerin Mania Lakomy im Stadion. «Ich war zuerst absolut schockiert», sagt die 30-jährige Bernerin im Interview mit Blick zu den dramatischen Szenen. Lakomy ist Chefin Leistungssport und Nachwuchs Artistic Swimming beim Schweizer Schwimmverband. Selber hat sie jahrelang Synchronschwimmen betrieben und war auch als Trainerin und Richterin tätig. Sie kämpft dafür, dass der Ruf ihrer Traum-Sportart jetzt nicht leidet.

Was ging ihnen durch den Kopf, als sie die kollabierte Schwimmerin im Wasser sahen?
Mania Lakomy: Ich habe mir sofort überlegt, was ich als Trainerin machen würde, wenn das jetzt eine meiner Athletinnen wäre. Natürlich erschrickt man da zuerst. Aber es war auch gut zu sehen, dass es Anita Alvarez nach dem Vorfall rasch wieder relativ gut ging.

Haben sie so eine Situation schon einmal erlebt?
Als Trainerin gab es das bei mir noch nie. Aber ich bin selber schon einmal im Becken bewusstlos geworden und musste aus dem Wasser geholt werden.

Wie kam es dazu?
Als ich das erste Mal beim Senioren-Team mittrainieren durfte, wollte ich natürlich keine Schwäche zeigen und wollte unbedingt mithalten. Irgendwann wurde das zu viel für den Körper. Eine Kollegin holte mich schliesslich an die Oberfläche.

Das tönt nach einer ziemlich gefährlichen Sportart.
Synchronschwimmen ist nicht gefährlicher, als andere Sportarten. Aber der Fakt, dass man bei Zwischenfällen im Wasser ist und darum die Gefahr des Ertrinkens besteht, kann natürlich Angst machen. Doch am Ende ist es wie bei anderen Disziplinen auch: Wer Bestleistungen erbringen will, muss bis ans Limit gehen. Das ist immer ein Risiko.

Was macht denn die Faszination Synchronschwimmen aus?
Es ist eine unglaublich vielseitige Sportart. Zum Training gehören Elemente der Akrobatik und des Balletts und vieles mehr. Ich habe auch gelernt, extrem fokussiert und diszipliniert zu sein. Es ist also auch eine richtig gute Lebensschule.

Am Samstag finden im Rahmen der Schwimm-WM in Budapest die Highlight Routine der Frauen statt (15 Uhr). Das Schweizer Team konnte sich zum ersten Mal überhaupt für dieses Event qualifizieren.

Als die US-Schwimmerin Anita Alvarez in der Budapester Duna Arena plötzlich regungslos im Wasser treibt, sitzt die Schweizerin Mania Lakomy im Stadion. «Ich war zuerst absolut schockiert», sagt die 30-jährige Bernerin im Interview mit Blick zu den dramatischen Szenen. Lakomy ist Chefin Leistungssport und Nachwuchs Artistic Swimming beim Schweizer Schwimmverband. Selber hat sie jahrelang Synchronschwimmen betrieben und war auch als Trainerin und Richterin tätig. Sie kämpft dafür, dass der Ruf ihrer Traum-Sportart jetzt nicht leidet.

Was ging ihnen durch den Kopf, als sie die kollabierte Schwimmerin im Wasser sahen?
Mania Lakomy: Ich habe mir sofort überlegt, was ich als Trainerin machen würde, wenn das jetzt eine meiner Athletinnen wäre. Natürlich erschrickt man da zuerst. Aber es war auch gut zu sehen, dass es Anita Alvarez nach dem Vorfall rasch wieder relativ gut ging.

Haben sie so eine Situation schon einmal erlebt?
Als Trainerin gab es das bei mir noch nie. Aber ich bin selber schon einmal im Becken bewusstlos geworden und musste aus dem Wasser geholt werden.

Wie kam es dazu?
Als ich das erste Mal beim Senioren-Team mittrainieren durfte, wollte ich natürlich keine Schwäche zeigen und wollte unbedingt mithalten. Irgendwann wurde das zu viel für den Körper. Eine Kollegin holte mich schliesslich an die Oberfläche.

Das tönt nach einer ziemlich gefährlichen Sportart.
Synchronschwimmen ist nicht gefährlicher, als andere Sportarten. Aber der Fakt, dass man bei Zwischenfällen im Wasser ist und darum die Gefahr des Ertrinkens besteht, kann natürlich Angst machen. Doch am Ende ist es wie bei anderen Disziplinen auch: Wer Bestleistungen erbringen will, muss bis ans Limit gehen. Das ist immer ein Risiko.

Was macht denn die Faszination Synchronschwimmen aus?
Es ist eine unglaublich vielseitige Sportart. Zum Training gehören Elemente der Akrobatik und des Balletts und vieles mehr. Ich habe auch gelernt, extrem fokussiert und diszipliniert zu sein. Es ist also auch eine richtig gute Lebensschule.

Am Samstag finden im Rahmen der Schwimm-WM in Budapest die Highlight Routine der Frauen statt (15 Uhr). Das Schweizer Team konnte sich zum ersten Mal überhaupt für dieses Event qualifizieren.

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